Es ist gut für die Bediensteten, dass die Stadt Grenzen zieht und mit Hausverboten die Krakeeler vor die Tür stellt. Der Rest ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe, sagt Redakteurin Barbara Czimmer.

Stuttgart - Rechthaber ignorieren die Anweisungen von Polizisten. Eltern drohen Lehrern. Restaurantgäste schikanieren die Bedienung. Besucher schüchtern Sachbearbeiterinnen im Amt ein. Was passiert bloß mit uns?

 

Oberbürgermeister Fritz Kuhn und der Personalrat fragen: Was passiert mit unseren Kollegen und Kolleginnen? Damit setzt die Stadt die richtige Priorität: Betroffene zuerst. Das Hilfsteam, das Betroffene unterstützt, heißt Mut. Der Name ist keine nebensächliche Petitesse, sondern ein Signal: Bedroht worden? Rede darüber! Diesen Mut werden vermutlich mehr Mitarbeiter schöpfen als bisher, denn nicht jede(r) Vorgesetzte hat solche Klagen bisher ernst genug genommen oder gar den Täter verfolgt. Viele haben den Sündenbock lieber in den eigenen Reihen gesucht nach dem Motto: Stellen Sie sich nicht so an! So aber zeigt Kuhn seinen Mitarbeitern gegenüber Wertschätzung und Respekt.

Der raue Ton gehört fast schon zum guten Ton

Die Stadt kommt ihrer Fürsorgepflicht nach und erhöht so die Arbeitszufriedenheit und die Arbeitsproduktivität in den Amtsstuben, Fehlzeiten sinken. Aber warum sollte sich eine Kommune, übrigens der größte Arbeitgeber im Stadtgebiet, nicht moderner personalwirtschaftlicher Instrumente bedienen? Schließlich ist jeder Bürger froh, wenn die Gebühren für Dienstleistungen nicht steigen und er freundlich und kompetent bedient wird.

Leider gehört der raue Ton fast schon zum guten Ton. Es häufen sich die Auftritte, bei denen Gäste, Klienten, Patienten als Steuerzahler mit einer Lizenz zum Fordern auftreten. Sich nichts gefallen zu lassen, ist vielen ein Lebensmotto. Deshalb ist es gut für die Bediensteten, dass die Stadt nun an ihrer Stelle Grenzen zieht und mit Hausverboten die Krakeeler vor die Tür stellt. Der Rest ist eine gesellschaftliche Aufgabe: Sich vor Kindern zum Beispiel nicht aufzuspielen. Andere respektieren. Reden statt proleten. Dann passiert wieder was mit uns, und zwar etwas, das alle voranbringt, nicht nur die mit ausgestellten Ellbogen.