Noch bis 19. April wird an den Stadtbahngleisen in Stuttgart-Vaihingen gewerkelt. Die Bauarbeiter müssen dazu teilweise sehr nah beieinander stehen. Wie ist das mit den Coronavirus-Maßnahmen zu vereinbaren?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Vaihingen -

 

Vaihingen - Zwei Wochen lang wurde an den Stadtbahngleisen der U 1 in Vaihingen gebaut. An diesem Sonntag sollen die Arbeiten beendet sein, von Montagmorgen an, 20. April, fährt dann auch zwischen Vaihingen Bahnhof und Heslach Vogelrain wieder die U 1 regulär, es werden keine Ersatzbusse mehr eingesetzt.

Was vielen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern in den vergangenen Tagen aufgefallen sein dürfte: An der Baustelle rund um den Vaihinger Schillerplatz, Möhringer Landstraße sowie Rottweiler Straße in Richtung Kaltental haben teilweise recht viele Menschen gleichzeitig gearbeitet – und aufgrund der auszuführenden Tätigkeiten gezwungenermaßen auch nah beieinander. Anderthalb oder gar zwei Meter Abstand konnten dort nicht immer eingehalten werden. In den aktuellen Corona-Zeiten dürfte das manchen überrascht haben, schließlich gelten nach wie vor Kontaktsperren, es wird empfohlen, nach Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten und anderen Menschen nicht zu nahe zu kommen.

Bauarbeiter sind vom Kontaktverbot ausgenommen

Warum also sind Bauarbeiten während der Corona-Krise überhaupt erlaubt? Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte vor wenigen Tagen erläutert: „Wir haben ein großes Interesse, dass es keinen Sanierungsstau gibt.“ Einen entsprechenden Erlass von Verkehrs- und Innenministerium gibt es auch auf Bundesebene. Er besagt, dass Baustellen aufrechterhalten werden müssen.

Deshalb gelten für Bauarbeiter etwas andere Regeln. „Mitarbeiter unserer Firma sind nach Paragraf 3, Absatz 3, der Corona-Verordnung der Landesregierung des Landes Baden-Württemberg vom 22. März 2020 für die Zeit der Erbringung ihrer Arbeit vom Kontaktverbot ausgenommen“, erläutert Michael Binder, der Geschäftsführer der Firma Binder Bau-GmbH, welche die Arbeiten an den Stadtbahngleisen in Vaihingen ausführt. Die Firma aus Remseck-Aldingen arbeitet als Baudienstleister für die Stuttgarter Straßenbahnen AG, für das Tiefbauamt der Stadt Stuttgart sowie für diverse Anbieter im Telekommunikationsbereich, insbesondere im Glasfaserausbau.

Pause im Freien, statt im Fahrzeug verbringen

Bereits am 18. März hatte Michael Binder ein Schreiben an seine Mitarbeiter verfasst, in dem Regeln zur Eindämmung der Coronavirus-Ausbreitung aufgeführt sind. Darin wird unter anderem dazu aufgefordert, auf Baustellen Frischwasserkanister und Handwaschseifen vorzuhalten und diese zu nutzen. Die Pausen sollten die Kollegen nach Möglichkeit nicht gemeinsam im Fahrzeug, sondern im Freien mit Abstand zueinander und zu anderen Personen verbringen. Im Krankheitsfall – auch bei leichten Erkältungen – müssten die Mitarbeiter zu Hause bleiben. Und zudem sollten geschäftliche und private Kontakte auf ein Minimum beschränkt werden. „Prävention ist keine Hysterie und Ignoranz kein Mut“, heißt es dort.

„Auf der Baustelle in Vaihingen waren bis zu 17 Mitarbeiter im Einsatz“, sagt Binder. Der Grund dafür sei auch gewesen, dass die „verkehrsrechtliche Anordnung des Amtes für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart einen strammen Zeitrahmen für die Dauer der Arbeiten vorgab“. Sprich: Es wurden deshalb so viele Bauarbeiter eingesetzt, weil man die Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer möglichst schnell wieder beenden wollte.

Andere Baufirmen haben Personalengpässe

Das Glück der Firma aus Remseck-Aldingen war, dass sie genug Kollegen für die Gleisbauarbeiten zur Verfügung hatte. „Unsere Mitarbeiter stammen aus unterschiedlichen Ländern der EU, waren aber zum Ausbruch der Pandemie in Deutschland“, erläutert Binder. Andere Baufirmen klagen aufgrund der Grenzkontrollen nämlich bereitsüber Personalengpässe.