Bei einem Bremsmanöver hat sich eine Seniorin einen Knochenbruch zugezogen. Nun versuchen die Verantwortlichen bei der SSB, den Unfall nachzuvollziehen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Schmerzen seien unerträglich gewesen, sagt Anneliese Berger. Die 88-Jährige musste sie nicht selbst ertragen, aber ihre jüngere Schwester Irmela Metzger, und Anneliese Berger litt mit ihr (beide Namen geändert). Die 84-Jährige Irmela hatte ihre Schwester Anneliese am 14. August in Botnang besucht. Wie immer nutzte sie öffentliche Verkehrsmittel, um zum Hauptbahnhof Stuttgart und von dort mit dem Zug heim nach Aalen (Ostalbkreis) zu fahren. Erst nahm sie den 91er-Bus zum Feuerbacher Bahnhof, dort stieg sie kurz nach 15 Uhr in die Stadtbahn der Linie U6. In der ziemlich vollen Bahn habe sie den letzten freien Sitzplatz im hinteren Wagen ergattert, den Einzelsitz, neben dem Eltern einen Kinderwagen abstellen können. „Im Tunnel bremste die Bahn scharf, sie stürzte zu Boden, eine Frau fiel auf sie“, berichtet Anneliese Berger. Als die Fahrt weiterging – ein Grund für die Bremsung sei nicht genannt worden – halfen ihr zwei Männer auf. Im Schock habe die 84-Jährige nicht bemerkt, dass sie sich verletzt hatte. Erst im Regionalzug nach Aalen ließ der Schreck nach, und der Schmerz setzte ein. Am nächsten Tag ging sie ins Krankenhaus und kam ohne Befund wieder heim – weil Samstag war, standen nicht alle Geräte zur Verfügung. Erst am Montag erkämpfte sich die Verletzte einen Termin in der Kernspintomografen. Das Ergebnis: Ihr Steißbein war gebrochen. Eineinhalb Wochen später wurde sie operiert.

 

Im Tunnel bremst die Bahn – die Frau stürzt

Die Schwester versucht, bei der SSB Informationen zu bekommen

In der Zwischenzeit hat die große Schwester der Verunglückten die Dinge in Stuttgart in die Hand genommen. Weil bei Unfällen die Krankenkasse nach dem Verursacher frage, dessen Versicherung dann greifen könne, forschte sie bei der SSB nach. Doch auch zwei Wochen nach dem Zwischenfall ist noch nichts Näheres bekannt. Da Anneliese Berger nach dem Sturz zunächst die Frage der Helfenden, ob sie einen Krankenwagen brauchte, verneint hatte, ist der Unfall nicht aktenkundig geworden. Der Stadtbahnfahrer, der den Sturz vermutlich nicht bemerkt habe, sei nicht ausfindig zu machen. Das ärgert die Schwester sehr. Sie hofft, dass sich noch Zeugen finden – etwa die Helfenden, die Anneliese Berger nach dem Sturz beim Aufstehen stützten, oder die Frau, die auf sie gefallen sei. „An so etwas erinnert man sich doch“, sagt die 88-Jährige.

Die SSB raten: Bei Stürzen den Fahrer informieren

„Wir kennen den Fall und tun alles, um zu helfen“, sagt eine Sprecherin des Verkehrsunternehmens SSB. Zwar würden die Angaben sehr präzise klingen. Doch: „Es ist nicht so einfach, den Fahrer ausfindig zu machen“, erläutert die Sprecherin. „Aber unsere Leute sind dran und geben sich Mühe.“ Nicht jedes Bremsmanöver, das Mitfahrenden hart vorkomme, sei zu dokumentieren. Das gelte nur für sogenannte Gefahrenbremsungen – auch Notbremsen genannt. Dann müsse der Fahrer eine Notiz machen, dann sei alles nachvollziehbar.

Für Passagiere, denen Ähnliches widerfährt, hat die SSB-Sprecherin einen Rat, der Probleme bei der Versicherung ausräumt: „Am besten einfach sofort beim Fahrer melden, über die Ruftaste in den Wagen“, sagt sie. Dann wisse das Personal, dass jemand im Fahrzeug gestürzt ist. Wenn man sich dann später wegen eines Versicherungsfalles melde, sei der Zwischenfall auch ohne großen Aufwand leicht nachzuvollziehen. Auch solle man im Zweifelsfall lieber einen Krankenwagen rufen, um Verletzungen gleich feststellen zu lassen.

Auf Kosten sitzen bleiben kann ein Patient auch dann nicht, wenn der Verantwortliche für den Unfall nicht gefunden werden kann: „Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt natürlich die Kosten der Behandlung. Im Nachgang versucht sie dann, ob sie sich mit der anderen Partei einigen kann“, sagt ein Sprecher der AOK.