Noch ist in dem imposanten Gebäude am Neckar in Nürtingen das Amtsgericht ansässig. Nach dessen Auszug könnte im Erdgeschoss des Salemer Hofs ein Restaurant eröffnen – wie schon vor hundert Jahren. Auch für das Obergeschoss gibt es eine Idee.
Bernd Schwartz, der Leiter des Amts für Liegenschaften, Wirtschaftsförderung und Bürgerbeteiligung in Nürtingen, spricht von der „Schokoladenseite der Stadt“, und tatsächlich: Der Salemer Hof liegt malerisch am sogenannten Neckarbalkon. Der verkehrsberuhigte Bereich, hübsch bepflanzt mit etwas Grün, bildet den Übergang vom Fluss in die Altstadt. Und genau hier an dieser Flaniermeile soll sich etwas tun.
Das Amtsgericht zieht in den nächsten Monaten aus
Der Salemer Hof gehört zu den ortsbildprägenden Bauten in Nürtingen. Das historischen Stammgebäude ist vermutlich in den Jahren 1483 und 1484 entstanden. Der Bauherr war seinerzeit das Zisterzienserkloster Salem. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte mehrfach der Besitzer, seit 1978 gehört die Immobilie der Stadt. Das denkmalgeschützte Gebäude mit seinem neueren Anbau wird zurzeit noch vom Amtsgericht genutzt, der Pachtvertrag mit dem Land endet jedoch. „Es dauert noch ein gutes Dreivierteljahr bis ein Jahr, bis das Amtsgericht auszieht“, sagt Bernd Schwartz. Was danach passiert, darüber wurde in der jüngeren Vergangenheit viel diskutiert.
Verkaufspläne hat die Stadt mittlerweile wieder verworfen, nachdem sich in der Bevölkerung Unmut geregt hatte. Stattdessen gibt es nun Ideen, wie das prägnante Haus auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Bei einer Bürgerveranstaltung im September haben sich gleich zwei potenzielle Pächter vorgestellt: das ortsansässige Architekturbüro Arabzadeh-Schneider-Wirth sowie die Gastronomin Tanja Goldstein, die in Stuttgart das Restaurant Heaven’s Kitchen mit einem veganen und nachhaltigen Konzept führt. Die Stadtverwaltung werde dem Gemeinderat in dessen Sitzung am 19. November vorschlagen, den Verkaufsbeschluss wieder aufzuheben und stattdessen den Salemer Hof an eben jene beiden Interessenten zu verpachten, so Bernd Schwartz. Das Architekturbüro soll demnach als sogenannter Ankermieter ins erste und zweite Obergeschoss ziehen, „die wissen mit so einem Gebäude umzugehen“, das Restaurant soll ins Erdgeschoss. „Da stellen wir uns eine Nutzung vor, die attraktiv ist für die Öffentlichkeit und die Menschen an den Stadtbalkon zieht“, sagt Bernd Schwartz.
Einige Kommunalpolitiker haben angeblich schon zur Probe gegessen
Nach seiner Aussage sind diese Ideen zurzeit „auf einem guten Weg, aber noch nicht in trockenen Tüchern“. Dieser Tage finde eine Begehung mit der Gastronomin statt, um herauszufinden, ob man zusammenkommen könnte und ob Küche, Kühlraum, Lager, Gastraum und mehr auf den jetzigen Büroflächen des Nachlassgerichts unterkommen können. Zwar sei der Salemer Hof zwischen 1755 und 1922 bereits als Gasthaus genutzt worden, so Bernd Schwartz, doch er bekennt auch, dass es einen großen Sanierungsstau im Gebäude gebe. „Das ist kostenmäßig nicht ohne“, sagt er über den potenziellen Umbau. Sollte sich die Gastronomieidee bis Mitte November zerschlagen, will die Stadtverwaltung dem Gemeinderat in der Sitzung sogleich einen Plan B präsentieren. Wobei der Nürtinger Ableger der Stuttgarter Heaven’s Kitchen womöglich so manchem entgegenkäme. Bernd Schwartz berichtet: „Ich weiß von Stadträten, die dort schon testessen waren.“