Eine Stadtbezirkspartnerschaft mit einer türkischen Gemeinde wäre heute nicht einfach, dafür aber sicher lohnenswert. Schade, dass die Stadt Stuttgart für eine solche Freundschaft zwischen Birkach, Plieningen und Gaziemir kein Geld geben wollte, kommentiert unser Autor.

Birkach/Plieningen - Feindbilder gedeihen dann besonders gut, wenn die vermeintlichen Feinde nur als Bilder in den Medien erscheinen. Schwerer haben es Spalter, wenn die angeblich Guten und Bösen sich persönlich begegnen und über das austauschen, was ihnen am nächsten ist: die Familie, die Nachbarschaft, die eigene Kommune. Bei einer Städte- oder Stadtbezirkspartnerschaft geht es genau darum: Das Gemeinsame im Unterschiedlichen finden und das, was verschieden ist, miteinander zu vergleichen. Mit einigen Ländern mag das eine recht vergnügliche Übung der Völkerverständigung sein.

 

Städtepartnerschaften sind nicht das Unangenehmste

Mitarbeiter einer Gemeinde, die dank einer Städtepartnerschaft einmal im Jahr nach Spanien oder Südfrankreich fliegen können, dürften das sicher nicht für den unangenehmesten Teil ihrer Pflichten halten. Doch um Vergnügen sollte es bei solchen Partnerschaften nur am Rande gehen. Sicher, Plieningen und Birkach könnten als Partner eines Teils der Metropole Izmir weder die türkisch-deutschen Beziehungen noch die Weltgeschichte retten. Sie böten aber eine kleine Bühne, auf der sich deutsche und türkische Schüler, Vereinsmitglieder oder Lokalpolitiker begegnen könnten. Jeder einzelne Kontakt, der dabei geknüpft wird, wäre eine Immunisierung gegen Hetze und Verleumdung. Der Kreis, der von einer Partnerschaft der beiden Stuttgarter Bezirke mit Gazimeri in Izmir profitieren könnte, wäre beschränkt. Aber wirkungslos wäre sie deshalb nicht. Schon allein, weil sowohl Stuttgart als auch Izmir keine nachrangigen Zentren sind. Izmir ist übrigens eine Hochburg der türkischen Opposition. Das Lebensgefühl ist dort ein ganz anderes als in den konservativen Regionen Anatoliens.

Es wäre eine spannende Partnerschaft gewesen

Wer die Hälfte der türkischen Bevölkerung kennenlernen und besser verstehen will, die mit der jetzigen türkischen Regierung nichts am Hut hat und vielleicht auf Unterstützung durch europäische Freunde baut, hätte in Gaziemir wohl gute Karten.

Die Stadt hat vor einigen Jahren eine Chance vertan, eine vielleicht nicht einfache, aber dafür spannende Partnerschaft einzugehen. Sie würde heute dringender denn je gebraucht. Denn angesichts der vielfältigen Bindungen beider Länder ist jeder nützlich, der zerschlagenes Porzellan wieder kitten möchte.