Die Caritas, die das Café Lesbar in der Stadtbibliothek betrieben hat, hat den nach zehn Jahren ausgelaufenen Pachtvertrag nicht verlängert. Die Bibliothek will einen neuen Pächter finden – doch die Suche gestaltet sich schwierig.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Literatur und Kaffee sind eine bewährte Melange. In der Stadtbibliothek Stuttgart am Mailänder Platz ist diese allerdings derzeit nicht zu genießen. Nicht die Bücher sind es freilich, die fehlen. Sondern der Kaffee. Denn seit Oktober vergangenen Jahres ist das Café Lesbar im achten Stock geschlossen. „Die Caritas, die das Café betrieben hat, hat den nach zehn Jahren ausgelaufenen Pachtvertrag nicht verlängert“, sagt Meike Jung, Pressesprecherin der Stadtbibliothek.

 

Sehr zum Bedauern der Bibliothek: „Das soziale Projekt der Caritas hat wunderbar bei uns reingepasst“, so Jung. Im Café Lesbar arbeiteten Menschen mit Behinderung der Neckartalwerkstätten neben ihren Anleitern. Das Café funktionierte gut. Zunächst. Denn „als 2014 das Einkaufszentrum Milaneo in direkter Nachbarschaft der Stadtbibliothek mit mehr als 200 Shops und Gastrobetrieben eröffnete, entstand unserem Café in direkter Nachbarschaft eine starke Konkurrenz, die sich sofort in negativen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen widerspiegelte“, sagt Sabine Reichle, Pressesprecherin des Caritasverbands für Stuttgart. Trotzdem habe man den Cafébetrieb betriebswirtschaftlich einigermaßen kostendeckend führen können – bedingt durch die pflegesatzunterstützte Finanzierung dieses Angebots und die dem Betreiber pachtfrei überlassenen Räume des Cafés. Dennoch entschied sich die Caritas zum Ende des Pachtvertrags, den bisherigen Café-Betrieb der Lesbar aufzugeben und stattdessen einen Kantinenbetrieb namens Casino 32 in Bad Cannstatt zu eröffnen.

Auch die Stadtbibliothek verzeichnet derzeit weniger Besucher

Nun möchte die Stadtbibliothek einen neuen Pächter für das Café finden. Und das ist gar keine so leichte Aufgabe. „Ein kommerzieller Betreiber oder eine Kette würde bei uns nicht funktionieren“, sagt auch die Direktorin Katinka Emminger. Denn es sei ihr wichtig, dass das Café angemessene Preise verlange, die es allen Bürgern ermöglichen, dort Gast zu sein. Emminger hofft etwa auf einen Familienbetrieb oder auch eine inhabergeführte Bäckerei, die den Tagesbetrieb des Cafés bis 18 Uhr übernimmt.

Derzeit deutlich weniger Besucher

Zudem ist die Zeit für die Verpachtung eines Gastrobetriebs gerade freilich denkbar schlecht. „Die Situation ist für die Gastronomie extrem schwierig und sehr dynamisch“, sagt Emminger. Erschwerend hinzu komme, dass auch die Bibliothek derzeit deutlich weniger Besucher verzeichne: Statt 6000 Besucher am Tag kommen derzeit nur 2500 bis 3000 Bürger in den Bücherwürfel – und die verbringen dort denn auch weniger Zeit. Selbst die Touristenführungen durch die Stadtbibliothek können derzeit pandemiebedingt nicht angeboten werden; im Zuge derer wurde gerne gleich ein Besuch im Café mitgebucht: „Das brachte dem Café dann immer auf einen Schlag 20 Gäste ein“, sagt Jung.

Das Café könnte zugleich einen Bibliotheksshop eröffnen

In besseren Zeiten – und darauf hofft man auch im Bücherwürfel – sind das freilich Kriterien, die einem Café-Pächter zugutekommen. Die Stadtbibliothek denkt aber auch darüber nach, wie künftig noch mehr Anreize geschaffen werden könnten, um Besuchern die Melange aus Büchern und Kaffee schmackhaft zu machen. „Wir haben viele Ideen, unter anderem könnte das Café gleichzeitig einen Bibliotheksshop eröffnen“, sagt Jung. Bereits das Café Lesbar habe einen Bücherwürfel-Notizblock und Postkarten verkauft, das Sortiment ließe sich aber laut Jung noch ausweiten: „Wir denken an Poster und einen Stadtbibliothek-Bastelbogen, möglich ist aber auch Paper Art, also schöne Notizbücher und Stifte.“ Die Stadtbibliothek selbst dürfe diese Sachen nur zum Selbstkostenpreis verkaufen, da sie durch den Verkauf keinen Gewinn erzielen darf – bei einem Café beziehungsweise Shop sehe das aber anders aus.

Bisher ist die Suche – eben auch pandemiebedingt – erfolglos verlaufen. „Wir suchen derzeit nicht mehr offensiv, sondern warten eher ab“, sagt Emminger. Dafür prüfe man, ob man im Café vorübergehend wenigstens Kaffeeautomaten aufstellen könne, und schaut, ob sich ein Bäcker findet, der über die Mittagszeit Brezeln und belegte Brötchen anbietet. Denn freilich will man den Besuchern gerne so schnell wie möglich wieder die bewährte Mischung aus Büchern und Kaffee bieten.