Dennis Knickel schreibt Reisegeschichten, aber kein Verlag druckt sie. Deshalb tingelt er jetzt durch Deutschland und liest an Straßenecken den Menschen vor. Am Donnerstag hat er vor der Stuttgarter Stadtbibliothek Station gemacht.

Stuttgart - Statt einer Klampfe hält er ein Buch in der Hand, aus dem er laut vorliest. Dennis Knickel ist kein gewöhnlicher Straßenkünstler. Der 31-Jährige bezeichnet sich selbst als „Deutschlands ersten Straßenleser“. Dabei trägt der Pfälzer nicht irgendeinen literarischen Stoff vor, sondern ein selbst verfasstes Werk über seine Reisen an der Westküste der USA. Am Donnerstag machte der junge Autor an der Stadtbibliothek in Stuttgart halt. Das Vorlesen bereitet dem 31-Jährigen große Freude: „Es ist immer lustig zu beobachten, wie die Menschen auf mich reagieren“, sagt Knickel. Etwa irritierte Blicke, Lächeln oder laute Lacher seien schon vorgekommen. Sechs Stunden pro Tag lese er vor.

 

Knickel hat mittlerweile sein zweites Buch mit dem Titel „Serendipity“ als Selbstverleger auf den Markt gebracht. Kein großes Verlagshaus stehe hinter ihm – keiner mache Werbung, sagt er. Das müsse er alles selber stemmen, habe aber nicht die finanziellen Mittel dafür. Zudem wollte der gebürtige Mainzer Deutschland kennenlernen. Kurzum hat er beide Wünsche miteinander verbunden und reist seit Juli dieses Jahres durch die Bundesrepublik. Knickel möchte so seine Geschichte direkt an potenzielle Leser bringen. Der 31-Jährige hatte die Aktion im Juli in Weimar getestet: „Das war super!“ Dann waren Bayreuth und Coburg an der Reihe. Nun möchte er, solange der Spätsommer mitmacht, weiter durch Deutschland tingeln.

Mit E-Mails von seinen Reisen hat es angefangen

Während seiner Backpacker-Weltreisen durch Hawaii, Kuba oder Thailand habe Knickel seinen Freunden per E-Mail geschrieben. Seine Reiseberichte kamen gut an. „Irgendwann hatte ich einen Verteiler von 80 Leuten“, sagt Knickel. Zu Weihnachten schenkte ihm seine Schwester dann gebundene Ausgaben der Mails. Doch eines Tages seien die Bücher ausgeblieben, sagt er. Stattdessen schenkte ihm seine Schwester einen Gutschein für eine ISBN-Nummer, so dass es zum Selbstverlag kam. Mittlerweile hat Knickel zwei dieser Bücher herausgebracht. Zwölf Euro kostet sein Werk. „Einmal hat mir jemand sogar 50 Euro dafür gezahlt“, sagt Knickel. „Das sollte ein Anreiz sein, meine Deutschland-Tour durchzuziehen“, sagt der 31-Jährige. Das nächste Buch folgt Mitte September und stellt die Fortsetzung seiner Reisen an der US-Westküste dar.

Der Titel „Serendipity“ beschreibe die Gabe, zufällig unerwartete und glückliche Entdeckungen zu machen, sagt Knickel. Nach der Station in Stuttgart wird der Autor wahrscheinlich weiter nach Tübingen ziehen. So genau wisse der Backpacker das jedoch nicht: „Ich folge einfach der Nase.“