Um Sortenvielfalt zu bewahren, will die Schorndorfer Stadtbücherei eine Saatgutbibliothek aufbauen. Dabei ist sie auf Mithilfe angewiesen.

Schorndorf - Wenn alles klappt, werden Gartenfreunde im Frühjahr nicht nur entsprechende Ratgeberliteratur in der Schorndorfer Stadtbücherei ausleihen können, sondern an der Theke auch kleine Samentütchen mitnehmen dürfen. Denn das Team der Stadtbücherei hat sich zum Ziel gesetzt, eine Saatgutbibliothek aufzubauen.

 

Die Idee stammt aus den USA

„Das ist ein Trend, der sich seit ein, zwei Jahren vor allem in Büchereien im Norden Deutschlands verbreitet“, erzählt Marianne Seidel, die Leiterin der Schorndorfer Bücherei. Hintergedanke sei nicht nur, dass damit etwas anderes als Schmöker ausgeliehen werden könne. Ganz ursprünglich stamme die Idee aus den USA, wo es viel gentechnisch verändertes Saatgut gebe. Initiativen gründeten deswegen „Seedlibraries“, um die traditionelle Sortenvielfalt zu erhalten. „Ein Problem ist zum Beispiel, dass sogenannte F1-Hybrid-Samen nur vom Hersteller vermehrt werden können“, erzählt Marianne Seidel, die sich wie das restliche Team in das Thema reingefuchst hat.

Auch angebrochene Samentütchen werden genommen

Sie bittet darum, dass samenfestes Saatgut von Blumen oder Gemüse bei der Bücherei abgegeben wird – also Saatgut, das sich unendlich vermehren lässt und seine Eigenschaften behält. Im Idealfall gelangen auch alte Sorten in die Saatgutbibliothek: „Wenn jemand Samen von Tomaten hat, welche schon die Oma angebaut hat, dann wäre das total super.“ Gut wäre es zudem, wenn die Lieferanten zumindest wüssten, ob aus dem Samen eine Sonnenblume oder Salatgurke wird. Zur Nachhaltigkeit des Projekts gehört, dass angebrochene Samentütchen gebracht werden können: „Oft ist es ja so, dass man nicht alles verwenden kann. Und das Saatgut verliert irgendwann die Keimfähigkeit.“

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Marianne Seidel ist gespannt, wie die Aktion angenommen und was an Saatgut abgegeben wird. Die Bücherei will nun erst einmal sammeln, sortiert wird das Saatgut in ausrangierten Karteikästen. „Wenn wir einen gewissen Grundstock haben, dann starten wir einen zweiten Aufruf und beginnen mit der Ausgabe.“

Gute Ergänzung zur Literatur

Ein bisschen was wolle man für den Anfang auch dazukaufen. Grundgedanke ist aber, dass die Bürger das Saatgut kostenlos „ausleihen“, dieses auf dem Balkon oder im Garten anpflanzen und bei der Ernte wiederum Samen sammeln, trocknen und aufbewahren. Diese sollen dann (wie ein Buch) zurück in die Bücherei gebracht werden, um von anderen Menschen „ausgeliehen“ und angebaut werden zu können. Für Marianne Seidel ist das neue Angebot eine gute Ergänzung der vorhandenen Literatur: „Wir haben einen schönen Gartenratgeberbestand.“

Per Post kann das sortenreine, samenfeste, beschriftete und keimfähige Saatgut an die Stadtbücherei Schorndorf, Augustenstraße 4, geschickt, in den Briefkasten gesteckt oder an der Theke abgegeben werden.