Wie geht es weiter mit der Bebauung auf dem Gelände des DRK-Seniorenzentrums? Architekten und Bauherren bekommen für ihre Pläne zu einem generationenübergreifenden Stadtquartier im Stuttgarter Norden Gegenwind.

S-Nord - „Da kriegen wir ja gar keine Sonne mehr. Wo soll denn das Licht herkommen?“ Dass die Nachbarn den Entwurf für das generationenübergreifende Wohnen in der Lenbachstraße ablehnen und Architekt Alexander Lange heftig Gegenwind bekommen würde, war klar, bevor er mit der Präsentation seiner Pläne überhaupt begonnen hatte. Entsprechend aufgeheizt war die Atmosphäre, obwohl der Blick aufs Modell den Anwohnern eine große Sorge nehmen konnte: Die Bauherren, der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Stuttgart und das Siedlungswerk, haben ihr Versprechen gehalten. Die angrenzende Streuobstwiese wird nicht bebaut.

 

Am vergangenen Freitag ist die Entscheidung einstimmig gefallen: Der erste Preis beim Architektenwettbewerb für die Neubebauung auf dem Gelände des DRK-Seniorenzentrums Haus auf dem Killesberg, zu dem 20 Büros eingeladen waren, geht an Ackermann und Raff mit Sitz in Stuttgart und Tübingen. Bereits am Montag wurde das Modell im Foyer des Seniorenzentrums vorgestellt. Vor allem Nachbarn nahmen die Einladung zur Präsentation wahr.

„Barrierefrei auf dem Gelände in Hanglage zu bauen und auf dem kleinen Parkplatz die Funktionen eines Pflegeheims unterzubringen, war eine große Herausforderung“, sagt Alexander Lange vom Architekturbüro Ackermann und Raff. Geplant sind auf dem rund 3500 Quadratmeter Gelände des Seniorenzentrums: ein Pflegeheim mit 45 stationären Plätzen, eine Tagesbetreuung mit 15 Plätzen, 44 Pflegewohnungen, 16 Mietwohnungen im betreuten Wohnen, 29 Eigentumswohnungen im betreuten Wohnen, 30 frei finanzierte Mietwohnungen und 39 Eigentumswohnungen für Familien. Außerdem soll es einen Pflege- und Betreuungsstützpunkt sowie eine Begegnungsstätte für alle Bewohner des neuen Quartiers geben. „Das dürften etwa 350 Bewohner werden“, schätzt der DRK-Kreisgeschäftsführer Frieder Frischling.

2025 soll das neue Stadtquartier ferig sein

Der Zeitplan ist ambitioniert: Im Sommer 2020 soll in einem ersten Bauabschnitt mit dem Neubau des Pflegeheims auf dem Parkplatz begonnen werden. Parallel sollen der Pflege- und Wohnbetrieb im Haus auf dem Killesberg weiter laufen. Im Sommer 2022 sollen die Bewohner vom Haus auf dem Killesberg in den Neubau ziehen. Nach dem Abriss des Seniorenzentrums ist im Frühjahr 2023 der Start für den zweiten Bauabschnitt mit den Wohnungen im generationenübergreifenden Wohnen geplant. Im Jahr 2025 schließlich soll alles fertig sein. Die Höhe der Gebäude liegt zwischen 3,5 und 4,5 Geschossen, das sind 9,5 bis 12,5 Meter – plus die zurückversetzten Dachgeschosse.

„Dann sehen wir nichts mehr“, kritisiert eine Zuhörerin. Eine andere kann sich nicht vorstellen, dass die enge Lenbachstraße während der Bauphase täglich bis zu 30 Laster verkraftet und fürchtet, dass durch die Transporter die Streuobstwiese zerstört wird. „Wir haben dort einen Park geplant. Wird Fläche zerstört, stellen wir sie wieder her“, verspricht Christoph Welz vom Siedlungswerk.

Ein Anwohner klagt, dass in den 70er Jahren der Bolzplatz wegen des Baus des Seniorenzentrum weggefallen ist. Ein anderer stellt fest, dass er in die Nachbarschaft gezogen ist, weil er davon ausgegangen sei, dass er mit einem Seniorenzentrum eine ruhige Nachbarschaft habe. Das sieht er bei 350 Bewohnern nicht mehr gewährleistet. Vielen Nachbarn fehlt auch ein schlüssiges Konzept, um ein Verkehrschaos durch den Zuwachs an Bewohnern zu vermeiden. Und DRK-Chef Frischling musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es in der Vergangenheit an Transparenz gefehlt hat. Die soll es künftig geben: Wer möchte, kann sich in eine Liste eintragen und wird per Mail über Baufortschritte und Veranstaltungen informiert.