Die Hoffnung, dass in Stuttgart in diesem Jahr tatsächlich mehr geförderte Wohnungen entstehen, scheint sich nicht zu erfüllen. Die entsprechenden Fördermittel des Landes werden kaum abgerufen.

Stuttgart - Ja, es werden zahlreiche Wohnungen in Stuttgart gebaut. Doch darunter sind kaum günstige Mietwohnungen – geschweige denn Sozialwohnungen. OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte erklärt, in diesem Jahr werde der geförderte Wohnungsbau nun anlaufen. Doch Zahlen der L-Bank aus dem ersten Halbjahr deuten darauf hin, dass seine Hoffnung enttäuscht werden könnte. Offenbar werden die Fördermittel des Landes in der Stadt kaum abgerufen.

 

1914 neue Wohnungen wurden 2014 in der Stadt gebaut. 1800 hatte sich die Verwaltung als Ziel gesetzt. Also, alles im Lot? Keineswegs. Eines der Ziele des OB ist es, dass 600 geförderte Wohnungen, inklusive 300 sozialer Mietwohnungen, unter diesen 1800 Wohnungen sein sollten. Doch in Stuttgart sind 2014 nur 50 Sozialwohnungen hinzugekommen. Auch 2015 sieht es nicht nach einer Trendwende aus.

Fördermittel als Ausgleich für geringe Mieten

Wer Sozialwohnungen baut, tut das nicht ohne öffentliche Fördergelder. Die Mieten werden für bis zu 25 Jahre bei rund sieben Euro pro Quadratmeter festgeschrieben. In frei finanzierten Neubauwohnungen werden hingegen 13 bis 20 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Der größte Teil der Fördermittel kommt – auch als Ausgleich für die geringeren Mieteinnahmen – in Form von Darlehen der landeseigenen L-Bank.

Im vergangenen Jahr wurde aus Stuttgart lediglich Geld für 22 Wohnungen beantragt, die in den Folgejahren gebaut werden. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung hatte Fritz Kuhn vor drei Monaten erklärt, dass das Geld 2014 kaum abgerufen worden sei, „weil das Förderprogramm des Landes für 2015 deutlich aufgestockt und attraktiver wurde“. Seine Prognose damals: „In diesem Jahr werden wir eine Zahl von rund 150 Förderanträgen erreichen“.

Doch von diesem Ziel ist man in der Landeshauptstadt noch weit entfernt. Im ersten Halbjahr 2015 wurden in Stuttgart von der L-Bank lediglich zwei Projekte mit einem Volumen von 44 Wohneinheiten bezuschusst. Zum Vergleich: schon 2014 wurden aus Konstanz Mittel für 150 Sozialwohnungen beantragt. Im ersten Halbjahr 2015 wurde für den Landkreis Lörrach Geld für den Bau von 40 Sozialwohnungen bewilligt, aus Karlsruhe wurden Mittel für 120 soziale Mietwohnungen beantragt.

„Die aktuellen Zahlen sind lediglich ein Zwischenstand“, entgegnet jedoch Sven Matis. Und der Pressesprecher der Stadt Stuttgart prognostiziert obendrein, dass am Nesenbach „in diesem Jahr voraussichtlich Fördermittel des Landes für 165 Sozialmietwohnungen beantragt“ würden. Dass tatsächlich im zweiten Halbjahr Zuschüsse für fast dreimal so viele Sozialwohnungen beantragt werden wie in den ersten sechs Monaten, ist freilich ungewiss. Die Stadt selbst hat darauf jedenfalls nur bedingt Einfluss.

Aus Sicht von CDU-Stadtrat Philipp Hill ist der Bau von Sozialwohnungen für Investoren in Stuttgart ohnehin unattraktiv: „Die Renditen im geförderten Wohnungsbau, die im Rahmen des Landesprogramms erzielt werden können, sind in Relation zu gering. Daran hat auch die Verbesserung der Konditionen nichts verändert.“

Grünen-Stadträtin Silvia Fischer blickt angesichts des Mangels an bezahlbaren Wohnungen in die Zukunft. „Es sind viele Bauvorhaben in der Pipeline: Olgaareal, Schochareal, Rote Wand. Weitere große Gebiete werden folgen“, sagt sie und fügt an, die Stadt werde jeweils prüfen, ob mehr geförderter Wohnungsbau möglich sei. Die Verfahren bräuchten aber noch Zeit.

SPD über Kritik am Bündnis für Wohnen

Der SPD-Fraktionschef hat eine andere Erklärung: „Hauptgrund ist sicherlich, dass das Bündnis für Wohnen nur zäh vorankommt“, sagt Martin Körner. „Die Stadtspitze hätte längst konkrete Vereinbarungen zum Neubau, zur Vergabe städtischer Grundstücke und zum Thema Sozialmietwohnungen erzielen müssen.“ Andere Städte seien viel schneller. „Im Frühjahr ist drei Monate lang fast nichts geschehen.“

Ein Grund, weshalb so wenig im bezahlbaren Segment gebaut wird, könnte aus Sicht der Freien Wähler der Grundstücksmangel sein. „Dogmatisch zu sagen, wir betreiben nur Innenentwicklung, ist schlecht“, sagt Fraktionschef Jürgen Zeeb. Da in Stuttgart auf politischen Wunsch hin nicht auf der grünen Wiese gebaut werde, seien Baugebiete knapp. „Würden mehr Flächen ausgewiesen, hätten auch private Bauherren oder Genossenschaften eine Chance“, so Zeeb.

Mit Blick auf die Möglichkeit der Stadt, Einfluss zu nehmen, erklärt Thomas Adler, der Fraktionsvorsitzende von SÖS-Linke-Plus: „Wer mehr bezahlbare Wohnungen haben und gegen die Verdrängung weniger solventer Bevölkerungsteile eine Trendwende einleiten will, muss sehen, dass dafür erhebliche Haushaltsmittel erforderlich sind.“

AfD-Stadtrat Bernd Klingler fordert ebenfalls, die Stadt solle mehr Bauflächen ausschreiben. Auch müsse das Baurecht vereinfacht werden. Zudem solle häufiger auch höher gebaut werden.