Stadtführung der kalten Art: Ein Sonntagsbummel durch die historische Altstadt.

Leonberg - Bei frostigen zwei Grad unter Null und strahlendem Sonnenschein haben sich 15 Interessenten für die Stadtführung am Brunnen auf Leonbergs Marktplatz eingefunden, darunter Touristen, aber auch Bürger, die ihre Stadt neu entdecken wollen. In dem rund zwei Stunden langen Rundgang zeigt Stadtführer Gerd Jenner die schönsten Seiten der historischen Altstadt.

 

Weit muss die Gruppe dafür nicht laufen, hinter jeder Ecke wartet ein neues historisches Gebäude. 1248 gegründet, ist Leonberg eine der ältesten Städte eines Württembergischen Herrschers. Auf dem Marktbrunnen ist aber keineswegs Graf Ulrich I oder sein Sohn als Statue verewigt, wie man leicht denken könnte. Hier steht vielmehr ein Wappenhalter, eine fiktive Figur, die mit Schwert, Rüstung, Schild und Amtskette Macht und Stärke ausstrahlen soll. Ein Steinmetz hat sie 1566 geschaffen. Unter dem Wappen Leonbergs prangen die Buchstaben L und B. „Doch wer glaubt, das sei eine Abkürzung für Leonberg, der irrt“, erklärt Jenner. „Es sind vielmehr die Initialen des Bildhauers Leonhard Baumhauer.“ Die neue Stadt, strategisch günstig auf einem Bergsporn angelegt, sollte die Grafschaft gegen Westen schützen, gegen die kaisertreuen feindlichen Nachbarn.

Scheunen zwischen Fachwerkhäusern

„Leonberg war landwirtschaftlich geprägt, jeder hier hatte Vieh und Äcker“, erzählt Jenner. Noch heute sind die Scheunen an den Fachwerkhäusern gut zu erkennen. Der Marktplatz war Festplatz zugleich, sieben Jahrmärkte gab es im Jahr, einzig der Pferdemarkt hat sich bis heute gehalten, er wurde gerade zum 327. Mal gefeiert.

Prunkstück auf dem Marktplatz ist das heutige Alte Rathaus, das als Bürgerhaus 1448 im Alemannischen Fachwerkstil erbaut wurde, zu erkennen an den Holzzapfen an der Hausfassade. Die Arkaden im Erdgeschoss waren offen, hier war die Markthalle. Darüber befand sich der Festsaal und darüber das Stadtgericht. Unter dem Dach war der Fruchtboden, hier wurde Korn gelagert. Und in den Kellern unter dem Haus der Wein. 1895 beim großen Stadtbrand brannte das Gebäude zwar an drei Stellen, aber es blieb erhalten. „Dreizehn Feuerwehren kämpften um die Stadt, und obwohl über fünfzig Gebäude brannten, wurden weder Mensch noch Tier verletzt“, berichtet Jenner.

Weiter führt der Rundgang zum historischen Schwarzen Adler. Er war zunächst der Stadtsitz der Herren zu Rettenberg, später war hier die Vogtei untergebracht, in der Keplers Mutter wegen Hexerei verhört wurde. Johannes Kepler lebte in Leonberg und ging zur Lateinschule, in der heute das Stadtmuseum untergebracht ist. Der Rundgang führt über die Stadtkirche weiter zum Leonberger Schloss. Die von Graf Ulrich bis 1265 erbaute Festung wurde 1609 Witwensitz der Herzogin Sibylla von Württemberg.

Den Pomeranzengarten entdecken

Ihr Sohn, Herzog Johann Friedrich, beauftragte den renommierten Hofbaumeister Heinrich Schickhardt, die Schlossanlage zu restaurieren und eigens für die Herzogin einen Terrassengarten mit Brunnen und Pomeranzenhaus anzulegen. Nach 1742 verwilderte der Garten. 1980 wurde er nach Originalplänen von Heinrich Schickhardt durch das Land Baden-Württemberg wiederhergestellt. Eine Führung ist besonders im kommenden Frühjahr zu empfehlen. Wer nach einem solchen Überblick über die Altstadt mehr über die Geschichte Leonbergs wissen möchte, sollte eine der Spezialführungen besuchen. Auch Kostümführungen sind im Programm.