Der Gemeinderat befindet über die Benennung eines Platzes nach dem Stuttgarter Widerstandskämpfer Hermann Schlotterbeck, der jahrelang im KZ Welzheim eingekerkert war und im April 1945 von den Nazis ermordet wurde.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Welzheim - Die Gruppe Schlotterbeck aus Stuttgart-Luginsland war aktiv im Widerstand gegen die Nazis. Die Brüder Hermann und Friedrich Schlotterbeck wurden als Kommunisten jahrelang im KZ Welzheim inhaftiert. Hermann Schlotterbeck wurde in den letzten Kriegstagen im April 1945 ermordet, wie der Rest seiner Familie mit Ausnahme Friedrichs. Der Historische Verein Welzheimer Wald will ihm nun einen Teil des Gottlob-Bauknecht-Platzes widmen lassen, an dem das Gebäude der ehemaligen Kommandantur des KZ steht, in dem seit Januar das Staatliche Forstamt zu finden ist. An diesem Dienstag wird der Antrag des Vereins Thema im Gemeinderat sein.

 

Eine Hermann-Schlotterbeck-Straße gabe es von 1945 bis 1948

Das Gremium hat bereits zu dem Thema beraten, und Heinrich Lindauer vom Historischen Verein hat an den Gemeinderat appelliert, dem Antrag zu folgen. Der Verein hat diesen anlässlich des 75. Jahrestages der Auflösung des Gestapo-Gefängnisses gestellt, der am 15. April ansteht. Vor fünf Jahren hatte es deshalb einen ähnlichen Vorschlag gegeben, allerdings ging es um die Schillerstraße. Diese war 1945 nach Hermann Schlotterbeck benannt worden, davor trug sie den Namen des Lager-Kommandanten Karl Buck – an den nichts mehr in der Öffentlichkeit erinnern sollte. Allerdings wurde die Straße bereits 1948 wieder umbenannt, in Schillerstraße.

Der Historische Verein hatte während der Vorbereitungen auf die Gedenkfeier vorgeschlagen, die Straße erneut nach Schlotterbeck zu benennen. Das hätte jedoch für die Anwohner der nicht kurzen Straße allerhand Aufwand wegen ihrer Adressen bedeutet. Das sah man beim Historischen Verein ein und machte den Vorschlag mit einem Teil des Gottlob-Bauknecht-Platzes. Hier wäre die Umbenennung kein großer bürokratischer Akt und der historische Bezug wäre noch stärker.

Der Gemeinderat war im Februar während der öffentlichen Debatte und der vorangegangenen nichtöffentlichen Beratung noch zu keiner Entscheidung gekommen. Es wurde allerdings eine Alternative zu dem Platz ins Spiel gebracht: eine bisher noch namenlose Grünfläche vor dem Polizeiposten, direkt gegenüber der ehemaligen Kommandantur. Auch wurde vorgeschlagen, diese nicht nach Hermann Schlotterbeck zu benennen, sondern auf „Platz des 15. April“ zu taufen, also dem Datum der Auflösung des KZ.

Beratung im Februar ergab kein Ergebnis

Im Gemeinderat hatte sich im Februar keine deutliche Mehrheit für eine Variante gezeigt. Die SPD-Fraktion und die beiden Stadträte der Piraten-Partei hatten sich für den Namen des Widerstandskämpfers ausgesprochen. „Die Abstimmung am Dienstag wird mit Sicherheit spannend“, ist der Piraten-Stadtrat Kai Dorra sicher.

Nach Mitgliedern der Widerstandsgruppe sind bereits Straßen in Stuttgart benannt. So gibt es im Stuttgarter Süden die Else-Himmelheber-Staffel, benannt nach Friedrich Schlotterbecks Verlobter, und in Untertürkheim unterhalb Luginslands die Schlotterbeck-Straße.

Friedrich Schlotterbeck, der nur knapp vor den Gestapo-Mördern in die Schweiz entkommen konnte, hat über das furchtbare Schicksal seiner Familie bereits 1945 das Buch „Je dunkler die Nacht, desto heller leuchten die Sterne“ verfasst. Darin schreibt er: „Einst war es ein Haus wie andere auch. Aber jetzt sind die Menschen, die darin lebten, tot. Mit einem dreijährigen Kind bin ich übrig geblieben. Die anderen, Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Braut und manchen guten Freund hat die Gestapo heimlich und feige ermordet. ,Sippenhaft’ nannten sie es.“