Álvaro Siza Vieira, der vor wenigen Wochen seinen achtzigsten Geburtstag feiern konnte, ist der namhafteste Architekt seines Landes und einer der wichtigsten europäischen Vertreter seiner Zunft. Kurz nach der Aprilrevolution von 1974 erhielt er den Auftrag, in seiner Heimatstadt Porto die Sozialsiedlung Bouça II zu bauen, in der er bereits seine Version der Moderne zeigte: die Entwicklung zeitgenössischer Wohn- und Siedlungsformen nach dem Vorbild der örtlichen Tradition mit ständiger Rücksicht auf die Gegebenheiten der bebauten Umgebung und der Landschaft. In Deutschland hat Siza vor allem im Berliner Wohnungsbau deutliche Spuren hinterlassen, etwa mit dem Wohnhaus Schlesisches Torin Kreuzberg („Bonjour Tristesse“).

 

Álvaro Siza hat zahlreiche internationale Ehrungen erhalten. Für den Wiederaufbau des abgebrannten Lissabonner Altstadtviertels Chiado wurde er 1992 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet, 1998 erhielt er den Praemium Imperiale. Sein internationaler Durchbruch war aber die Auszeichnung mit dem Prince-of-Wales-Preis in Urban Design, mit dem die Universität Harvard 1988 sein städtebauliches Projekt Évora-Malagueira würdigte.

Sizas seit bald vier Jahrzehnten andauerndes Engagement für die noch längst nicht abgeschlossene Siedlung Malagueira würdigt ein kürzlich erschienener großformatiger Band des Freiburger Syntagma Verlags. Das Buch dokumentiert in zahlreichen Fotos Geschichte und Gegenwart des immer wieder hochumstrittenen Projekts, zeigt die erhellenden Skizzen, in denen der Architekt die Vision seiner Pläne entstehen lässt, und beleuchtet sein Werk in mehreren großen Aufsätzen. Das Vorwort zu dem Band stammt von Hanns Zischler; dieser Beitrag ist eine erweiterte Fassung dieses Vorworts.