Der Architekt Arno Lederer möchte die alte Kirche am Hospitalhof freistellen und die Kastanien wegnehmen. Doch das Amt lehnt es ab.

Stuttgart - Arno Lederer hat es nicht leicht in diesen Tagen. Einst saß er mit in dem Preisgericht, das den heute heiß umstrittenen Bahnhofsentwurf seines Düsseldorfer Kollegen Christoph Ingenhoven zum Sieger kürte. Jetzt hält es Lederer für einen "Skandal", dass Ingenhoven sein Modell nicht längst überarbeitet hat. Und während im Schlossgarten selbst ernannte Parkschützer rund um die Uhr darüber wachen, dass dort keine Bäume gefällt werden, schlägt Arno Lederer, der mit der städtebaulichen Neuordnung des historischen Hospitalhofes betraut ist, vor, die Kastanienreihe vor der alten Kirche zu fällen - das verlange die Optik.

Mit den Bäumen ist es in Stuttgart so eine Sache. Als vor Jahren die Stadtbahnlinie U15 in Richtung Ruhbank eine neue Trasse erhielt, mussten mehr als hundert Bäume weichen - niemand protestierte. Nun aber, da Stuttgart21 in aller Munde ist, weigert sich Gerhard Koch, der scheidende Chef des Gartenbauamtes, mit Händen und Füßen, Bäume zu fällen, sofern sie nicht krank sind und damit eine Gefahr darstellen. Auch beim Stadtplanungsamt ist man skeptisch, denn in den Amtsstuben möchte niemand den Bürgerzorn unnötig anstacheln.

Alte Skizzen und Pläne als Beweis


Doch Arno Lederer und seine Auftraggeber, die Evangelische Gesamtkirchengemeinde, dürfen zumindest hoffen. Als nämlich der Architekt und Hochschullehrer kürzlich vor dem Städtebauausschuss des Gemeinderats, in dem er selbst Sitz und Stimme hat, sein Projekt auf dem Platz vor der Hospitalkirche präsentierte, da pflichtete ihm die versammelte Kollegenschaft bei. Sogar der renommierte Landschaftsarchitekt Christof Luz vertrat die Ansicht, Lederer habe Recht, wenn er darauf hinweise, dass die eng an das Gotteshaus gepflanzten sieben Bäume den Bau völlig verdecken; vor allem auch das kirchengeschichtlich bedeutsame Reformationsdenkmal in der Kirchenmauer friste buchstäblich ein Schattendasein.

Arno Lederer selbst sieht die Sache so: "Eigentlich hat ja die Frage, ob die Bäume bleiben oder wegkommen, mit meinem Projekt des komplett neuen Hospitalhofes gar nichts zu tun. Aber der Platz vor der Kirche ist wirklich kein Ort, an dem man sich gerne aufhält." In früheren Zeiten, so der Architekt, hätten dort keine Bäume gestanden, auf alten Skizzen und Plänen könne man das leicht erkennen. Er glaube deshalb, dass es vertretbar wäre, die alten Kastanien wegzunehmen - und auf der gegenüberliegenden Straßenseite, also vor die dortigen Wohngebäude, neue zu setzen.

Der Gemeinderat hat das letzte Wort


Der Bezirksbeirat Mitte und seine Vorsitzende Veronika Kienzle (Grüne) sind von Lederers Ideen angetan, stellen aber Bedingungen: "Wir verlangen Ersatzstandorte für die Bäume, die an der Hospitalkirche wegkommen sollen. Schließlich hat die Innenstadt in den letzten Jahren insgesamt 400 Bäume verloren." Überdies müsse ein Verkehrskonzept für das gesamte Hospitalviertel her. Das Quartier, jetzt ein offizielles Sanierungsgebiet, habe es verdient, grundlegend aufgewertet und vom Verkehr entlastet zu werden. Die Tatsache, dass dort auch neue Wohngebäude geplant seien, und dass das nahe Jugendhaus Mitte mit seinen Außenanlagen modernisiert werde, zeige, dass die Reise in die richtige Richtung gehe.

Noch ist keine Eile geboten, denn bis Arno Lederers neuer Hospitalhof steht, vergehen noch mindestens zwei Jahre. Im Übrigen hat der Gemeinderat das letzte Wort, weil der Umbau des Platzes vor der Kirche mit Steuergeldern bezahlt werden muss. CDU und FDP im Rat haben ihre Zustimmung schon mal signalisiert.