In diesem Jahr stehen bei den Stadtspaziergängen von Stuttgarter Zeitung und Stiftung Geißstraße nicht die Besichtigung von Stuttgarts bedeutenden Denkmälern im Vordergrund, sondern Entwicklungen, welche die Zukunft der Stadt betreffen. Beim ersten Spaziergang der Saison stellte Christian Dosch das Konzept „Haus der Ruhe“ der Initiative Garnisonsschützenhaus vor.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Noch vor 1945 enthielt jedes Ensemble eines Kasperle-Theaters den Tod als Figur. Heute sind in den Puppentheatern für Kinder zwar böse Figuren dabei, der Tod jedoch eher selten. „Der zweite Weltkrieg markiert in unserer Gesellschaft eine Zäsur im Umgang mit Tod, Sterben und Trauer“, erzählt Maike Sander von der Initiative Garnisonschützenhaus beim Stadtspaziergang zu dem Gebäudeensemble am Dornhaldenfriedhof. Inzwischen wandele sich die Gesellschaft erneut, viele finden die bisherigen Rituale nicht mehr zeitgemäß, der Tod ist kein Tabuthema mehr. „Eine neue Trauerkultur in Stuttgart zu entwickeln, wäre eine Chance für das Garnisonsschützenhaus“, erklärt Sander, die das Projekt „Mein Leben lang – Trauerkultur aus aller Welt“ entwickelt hat.

 

Der Friedhof soll in das Konzept integriert sein

Ein Zukunftskonzept für ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble, das sich unmittelbarer Nähe zu einem Friedhof befindet, muss sich nach Ansicht von Christian Dosch von der „Initiative Garnisonsschützenhaus“ zwangsläufig mit dem Tod auseinandersetzen. Ein kleines Café als Ort der Begegnung könnte er sich dort gut vorstellen sowie Ausstellungsräume, die sich mit der Geschichte des Friedhofs oder mit Trauerkultur allgemein beschäftigen.

Im ersten Stadtspaziergang der Saison – die Stuttgarter Zeitung und die Stiftung Geißstraße bieten die Veranstaltungsreihe in Kooperation an – steht nicht die Besichtigung von Stuttgarts bedeutenden Denkmälern im Vordergrund, sondern Entwicklungen, welche die Zukunft der Stadt betreffen. Ein solches, ungewöhnliches Zukunftsprojekt möchte die Initiative mit dem Garnisonsschützenhaus auf die Beine stellen. Zahlreiche Stuttgarter engagieren sich seit gut einem Jahr für den Erhalt des zweigeteilten Gebäudes auf der Dornhalde, genau zwischen Stuttgart-Süd und Degerloch. Seit knapp fünf Jahren stehen die Gebäude leer und verfallen sichtbar. Von der Stadt haben die Kreativen um Dosch nun bis Ende Juli Zeit bekommen, ein tragfähiges Konzept für die Finanzierung und die Nutzung des Hauses vorzulegen.

Manche Orte erzählen ihre Zukunft von selbst

Einen Ort zu entwickeln, das bedeutet für Dosch, sich mit den geschichtlichen und räumlichen Bezügen auseinander zu setzen. „Dann erzählen diese Orte ihre Zukunft von selbst“, sagt Dosch zu den 40 Teilnehmern des Spaziergangs, der von der Talstation der Seilbahn über den Wald- und Dornhaldenfriedhof zum Garnisonsschützenhaus führt. Wichtig sei, einen passenden Rahmen zu finden. Sein Konzept lautet „Haus der Ruhe“. „Eine Disco oder ein Biergarten würden hier nicht passen.“

Michael Kienzle, Vorstand der Stiftung Geißstraße, findet die Idee der Gruppe doppelt ansprechend. Weil das Konzept der Initiative einzigartig ist, aber auch, weil es mitten in der Stadt Orte geben müsse, wo Stille herrsche. „So einen Ort hier zu schaffen, das wäre schon toll“, sagt Kienzle. Nächsten Samstag führt Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, durch die Innenstadt und spricht über „Shoppen der Zukunft“.