Die Volkszählung von 2011 ist verfassungsgemäß erfolgt. Die Vorschriften für den Zensus zur Erhebung der Bevölkerungszahl seien mit der Verfassung vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch nach Klagen der Stadtstaaten Berlin und Hamburg.

Karlsruhe - Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg müssen ihre Hoffnungen auf höhere Zuwendungen aus dem Finanzausgleich begraben. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte am Mittwoch die aktuellen Einwohnerzahlen der Städte und Gemeinden, die dafür eine wichtige Größe sind. Der Zensus im Jahr 2011 sei nach verfassungsgemäßen Methoden erfolgt. Berlin und Hamburg büßen wegen der Ergebnisse Jahr für Jahr viele Millionen Euro ein. (Az. 2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15)

 

Vor den Verwaltungsgerichten haben außerdem rund 340 Städte und Gemeinden gegen ihre neue Einwohnerzahl geklagt. Alle diese Verfahren ruhten bis zur Entscheidung in Karlsruhe. Die Chancen auf eine Korrektur dürften durch das Urteil nun stark gesunken sein.

Bei der ersten Volkszählung seit der Wiedervereinigung hatte sich herausgestellt, dass in Deutschland gut 1,5 Millionen weniger Menschen leben als angenommen. Vor allem die Einwohnerzahlen vieler großer Städte wurden nach unten korrigiert. Berlin und Hamburg geben dem angewandten Verfahren die Schuld. Die Statistiker hatten sich zum ersten Mal vorwiegend auf Meldedaten gestützt und nicht mehr alle Bürger persönlich nach ihren Lebensverhältnissen befragt.

Stadtstaaten fühlen sich benachteiligt

Die beiden Stadtstaaten sahen sich vor allem dadurch benachteiligt, dass die Daten der größeren Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern nach anderen Methoden bereinigt wurden als die der kleineren. Über ihre Landesregierungen legten sie den Verfassungsrichtern die gesetzlichen Grundlagen des Zensus zur Prüfung vor - ohne Erfolg.

Dass sich der Gesetzgeber in einem mehr als zehnjährigen Prozess für einen sogenannten registergestützten Zensus entschieden habe, sei nicht zu beanstanden, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Auch andere Staaten setzten auf diese Methode. Sie verursache weniger Kosten und sei auch „grundrechtsschonender“, weil nur noch ein kleiner Teil der Bürger Daten preisgeben müsse.

Eine qualitativ hochwertige Feststellung der Einwohnerzahlen sei „von hoher politischer und finanzieller Bedeutung“, sagte Voßkuhle weiter. Die Anforderungen des Grundgesetzes an diese Ermittlung seien aber begrenzt. „Entsprechend weit ist der Gestaltungs-, Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers.“

Länder waren in Umsetzung der Volkszählung eingebunden

Der Zweite Senat hält den Organisatoren zugute, dass nahezu alle Bausteine des Verfahrens 2001 schon einmal in einem Zensus-Test erprobt wurden. Die Richter weisen außerdem ausdrücklich daraufhin, dass die Länder in die Konzeption und Umsetzung der Volkszählung über ihre Statistikbehörden eng mit eingebunden waren. Sie hätten „ausreichende Kontroll- und Mitwirkungsmöglichkeiten“ gehabt.

Allerdings verpflichten die Verfassungsrichter den Gesetzgeber, aufgetretene Mängel bei künftigen Volkszählungen zu beheben. Der Zensus findet alle zehn Jahre statt, das nächste Mal also 2021.

Die letzten Volkszählungen hatte es in der BRD 1987 und in der DDR 1981 gegeben. Seither wurden die Daten fortgeschrieben - mit immer größeren Ungenauigkeiten. Auch deshalb brachte der Zensus 2011 einige Überraschungen. Berlin verlor auf einen Schlag rund 180 000 Einwohner. Das bedeutet Mindereinnahmen von 470 bis 490 Millionen Euro im Jahr. Hamburg war nach der neuen Zählung um knapp 83 000 Menschen kleiner und hat damit Einbußen von mehr als 100 Millionen Euro jährlich. Von der Einwohnerzahl hängt beispielsweise ab, wie viel ein Bundesland von den Umsatzsteuer-Einnahmen abbekommt.