Die Diskussionen drehen sich um Grundsätzliches. Dass viele Menschen für vieles bezahlen müssen, das sie nicht nutzen, sei das Wesen von Steuern, sagt Palmer, „auch Pazifisten bezahlen die Bundeswehr“. Warum nicht „Freibad umsonst“ oder „Kultur umsonst“ wird ihm entgegengehalten. Der kontert damit, dass jene Vorschläge weder dem Klimaschutz noch der Entlastung der Straßen dienten. Um starke Worte nicht verlegen, erklärt Palmer: „Wer unbedingt mit dem Auto fahren will, hat auch etwas davon, nämlich weniger Staus.“

 

SPD-Ratsfraktion für Kompromisslösung

Einen Kompromiss schlägt die SPD-Gemeinderatsfraktion vor. Statt rund 40 Euro soll eine Monatskarte künftig 15 Euro kosten, abends nach 19 Uhr und an Wochenenden soll der Bus kostenfrei genutzt werden dürfen. So könnten gegenüber dem Nulltarifmodell Kosten gespart und Erfahrungen gesammelt werden. Gerhard Schnaitmann, früherer Grünen-Stadtrat und Verkehrsexperte der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft in Stuttgart, spricht von einem Bürgerticket. Jeder Tübinger mit Erstwohnsitz soll seinem Vorschlag nach einen Gutschein erhalten, den er gegen eine Jahreskarte eintauschen kann. Alle Bus-Fahrgäste hätten somit ein Ticket. Tübinger bräuchten sich nicht mit dem Personalausweis als Einwohner der Stadt zu erkennen geben. Pendler verfügen über ein Verbundticket, Studenten über das Semesterticket. „Fördermittel blieben erhalten und es ist klar ersichtlich, wie viele Menschen den Bus nutzen“, argumentiert Schnaitmann.

Dem CDU-Stadtrat Hubert Wicker sind die Annahmen der Stadtverwaltung zu vage. Womöglich würden nur Radfahrer und Fußgänger das Angebot nutzen, „und kaum ein Auto weniger ist unterwegs“, sagt der frühere Regierungspräsident und amtierende Landtagsdirektor . Wicker geht nicht davon aus, dass die Gewerbesteuer deutlich erhöht wird, „also müsste die Grundsteuer verdoppelt werden.“ Durch die Erhöhung anderer Steuern ließen sich die notwendigen Summen nicht einnehmen. Eine Möglichkeit sieht er dennoch: „Als Pilotprojekt mit Unterstützung des Landes kann ich mir den kostenfreien Busverkehr vorstellen.“