Das Rathaus bereitet die Konzessionsvergaben für das Strom- und Gasnetz vor. EnBW will Partner beim Strom sein und nutzt ihre Position beim Wassernetz.

Stuttgart - Die Stadtwerke Stuttgart gehen an den Start: Im Februar haben die Aufsichtsräte der neuen städtischen Energietochter beschlossen, mit den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) aus dem Schwarzwald eine Vertriebsgesellschaft für Ökostrom zu bilden. Inzwischen verhandelt die Stadt bereits mit den Ökostromrebellen über die Details der neuen Gesellschaft, an der Stuttgart die Mehrheit der Anteile hält. Der Partner EWS speist Elektrizität aus norwegischen Wasserkraftwerken ins Netz.

 

Fotovoltaikanlagen und Windparks geplant

„Wir wollen den Stuttgartern so rasch wie möglich sauberen Strom verkaufen“, betont Finanzbürgermeister Michael Föll. „Das Stadtwerke-Servicezentrum wird nicht gerade an der Königstraße, aber in zentraler Innenstadtlage stehen.“ Dort sollen die Bürger von Herbst an „erstklassigen Ökostrom in Premiumqualität“ unter einer zündenden Marke bestellen. Letztere wird allerdings noch gesucht. „Etwa ,Rössle-Power‘ oder so ähnlich, mit einem Bezug zu Stuttgart“, schwebt Föll vor. Für ihre Kunden wollen die Stadtwerke so rasch wie möglich auch selbst Ökostrom mit Fotovoltaikanlagen erzeugen. Später sollen auch Windparks – etwa auf der Schwäbischen Alb – zu gleichbleibender Spannung im Stuttgarter Stromnetz führen. Die notwendigen Investitionen muss die noch zu gründende Kraftwerkstochter der Stadtwerke bereitstellen. Diese soll mindestens 70 Millionen Euro im Jahr in erneuerbare Energien investieren. Daran könnten sich auch Bürger durch den Kauf gut verzinster Anleihen beteiligen, erläutert der Finanzbürgermeister.

Schwierige Verhandlungen mit der EnBW

Die dritte eigenständige Stadtwerke-Gesellschaft wird das Stuttgarter Strom- und Gasnetz übernehmen. Aus diesem Grund führt die Stadt „schwierige Verhandlungen“ mit der Eigentümerin, der Energie Baden-Württemberg (EnBW), die auch noch bis Ende 2013 die Konzessionsrechte für Strom- und Gaslieferungen besitzt. In den Verhandlungen geht es um zahlreiche Daten, um den Wert und die Effizienz der Netze beurteilen zu können. Dabei ist viel Geld im Spiel: In einer Studie zur Stadtwerkegründung haben Gutachter der Stadt den Wert des Stromnetzes mit 105 Millionen und den des Gasnetzes mit 80 Millionen Euro beziffert. Für den Rückkauf des laut Gutachten 160 Millionen Euro teuren Wassernetzes, das von einem neuen städtischen Eigenbetrieb übernommen und betrieben werden soll, verlangten die EnBW inzwischen mehr als die doppelte Summe, ist im Rathaus zu hören.

„Der Konzern benutzt das Wasser als Druckmittel, um bei Strom und Gas beteiligt zu werden“, kritisieren Befürworter rein kommunaler Stadtwerke. Die EnBW verhielten sich wenig kooperativ, die Verhandlungen verliefen ziemlich zäh.

Kanzlei gesucht

„Wir haben noch nicht alle Netzdaten, die wir haben möchten“, erklärt Föll auf Anfrage. Die Informationen seien notwendig, um die öffentliche Ausschreibung und Vergabe der Konzessionen vorbereiten zu können. „Das Verfahren muss transparent und diskriminierungsfrei verlaufen“, betont der Finanzbürgermeister. Um diesen Kriterien gerecht zu werden, hat die Stadt vier Anwaltskanzleien gebeten, Ende März dem Unterausschuss Stadtwerke des Gemeinderates ihre Verfahrensvorschläge zu unterbreiten. Eine Kanzlei werde dann beauftragt, den Prozess der Konzessionsvergabe zu begleiten. Bei der Konzessionsvergabe könnten aber auch Sicherheit, Preiswürdigkeit und Dezentralität als Kriterien festgelegt werden, die für Stadtwerke als Konzessionsträger sprächen. Als „juristisch heißes Eisen“ gilt in diesem Zusammenhang auch das Bürgerbegehren des Stuttgarter Wasserforum mit dem 27 500 Stuttgarter mit ihrer Unterschrift den vollständigen Netzrückkauf fordern.

Nach Ansicht von Beobachtern strebt die Stadt die Übernahme des Stromnetzes mit einem Partner an. „Föll und Oberbürgermeister Wolfgang Schuster möchten mit der EnBW kooperieren“, befürchtet ein Kritiker, der hundertprozentig kommunale Stadtwerke wünscht. Offenbar solle die Stadt 51 und die EnBW 49 Prozent der Anteile an der Netzgesellschaft halten. „Wir beherrschen das Netzgeschäft“, stellt Steffen Ringwald, Leiter des EnBW Regionalzentrums fest. Deshalb wolle man auch mit dem Partner Stadtwerke Stuttgart im Boot sitzen. „Unsere dafür zuständigen Mitarbeiter leisten eine gute Arbeit, es gibt kaum Ausfälle im Stromnetz.“ Deshalb bescheinige auch die Bundesnetzagentur als Kontrollinstanz dem Unternehmen eine „hundertprozentige Effizienz“.

„Wir beherrschen das Netzgeschäft“

Für den EnBW-Manager kann niemand sonst einen reibungsloseren Betrieb garantieren. „Auf dem Land brauchen sie bloß einen Bagger, um Leitungen zu verlegen, im dicht besiedelten Stuttgarter Untergrund hingegen einen Teelöffel.“

Bei den Verhandlungen mit der Stadt gebe es auch beim Thema Wasser natürlich noch unterschiedliche Positionen, sagt Ringwald. Wenn zwei professionelle Gesprächspartner am Tisch säßen, dann sei doch klar, dass es Punkte gebe, über die man noch diskutieren müsse. „Wir sind aber bemüht, konstruktive Wege und Lösungen zu finden.“