Wohnen und Arbeiten statt Industrieproduktion: Für das 8,5 Hektar große Bogenviertel auf dem DLW-Areal, das ein neues Gesicht erhalten soll, wurden jetzt Ergebnisse des Städtebau-Wettbewerbs präsentiert.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Bietigheim-Bissingen - Wenn Fußballfelder als Maßeinheit herangezogen werden, geht es um größere Dimensionen. Auch Bietigheim-Bissingens Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD) spricht in Fußballfeldern, um die künftigen Ausmaße des Bogenviertels zu umreißen. „15 bis 17 Fußballfelder neben- und hintereinander“, sagt er, werde das Bogenviertel groß. Auf der Fläche zwischen Bahn und B 27, die mehr als hundert Jahre lang von der mittlerweile insolventen Bodenbelagsfirma DLW geprägt wurde, will die Stadt künftig Arbeiten und Leben kombinieren. Ein Projekt, das Kessing gerne auf der Internationalen Bauausstellung präsentieren würde, die 2027 in Stuttgart über die Bühne gehen soll. „Bis dahin muss aber was passieren auf dem Gelände“, sagt Kessing.

 

Einen Baustein auf diesem Weg hat die Stadt jetzt erreicht: Unter 25 Architekten, die im europaweit ausgeschriebenen städtebaulichen Wettbewerb jeweils im Gespann mit Ingenieurbüros ihre Ideen eingereicht hatten, beförderte eine Jury sechs Bewerber in die engere Auswahl. „Mit ihnen“, so Kessing bei der Präsentation der Entwürfe, „wollen wir jetzt weiterarbeiten und im Herbst in eine weitere Runde gehen.“ Dann sollen – im Gegensatz zu jetzt – die Entwürfe auch mit Platzierungen belegt werden.

Schallschutz und Anbindung sind eine Herausforderung

Hauptknackpunkt bei der Frage, wie eine qualitäts- und sinnvolle Bebauung aussehen kann, ist die Frage, wie mit dem Verkehr umgegangen wird, der das Areal umfließt. Liegt es doch nicht nur im Bogen der Bahngleise, sondern wird am Westrand zusätzlich von der Bundesstraße 27 flankiert. So sind die rund 85 000 Quadratmeter Fläche zwar Spielwiese für innovative Konzepte und Kubaturen, in Sachen Schallschutz, Anbindung und Verkehrszu- und -abfluss aber vor allem eine Herausforderung. Die Entwürfe des Final-Sextetts legen dafür unterschiedliche Herangehensweisen an den Tag. Sie konzipieren aber fast alle lärmabschirmende, blockartige Randbebauungen, in denen Gewerbe dominieren soll, und aufgebrochene Innenquartiere, die vielerlei Wohnformen und Nutzungen etwa für Büros, Kultur, Freizeit und Gemeinbedarf vorsehen.

Die Anregungen der Bürger sollen mit einfließen

Als „sehr interessant“ würdigte das Preisgericht eine Quartiersgarage in Treppenform im Entwurf des Büros Heim Kuntscher aus München, der gleichzeitig als baulicher Lärmschutz zu den Bahngleisen hin dient. Drei exponierte Hochhäuser entlang des Bahnbogens prägen die Planung optisch. Das Büro ARP aus Stuttgart sieht ein autofreies Innenquartier vor und platziert die Fahrzeuge in Tiefgaragen. Das Büro Mess aus Kaiserslautern will mit einem zwölfgeschossigen Hotel ein Stadtzeichen setzen und die Erschließung über zwei „Turbo-Kreisel“ im Süden regeln.

Ein Ringsystem, das alle Quartiersbereiche erschließt, aber verkehrsberuhigte Wohninnenbereiche vorsieht, hat GMP International aus Hamburg konzipiert, zudem eine diagonale Wegeverbindung zwischen Bahndurchlass und Bahnhofsvorplatz. Die Bietigheimer Lokalmatadoren Noma Architekten sagten der Jury wegen ihrer Idee eines zentralen „Spielraumes“ zu, in den ein bestehendes Hochregallager umfunktioniert werden soll. Auch der große Quartiersplatz mit Wasserspiel gefiel den Juroren, ebenso das Zusammenspiel von Wohnen, Arbeiten und Ausbildung.

Als Beitrag zur Identitätsstiftung sahen die Juroren den Entwurf des Büros Architekten Keller Daum aus Stuttgart, das sich städtebaulich am Thema Werkssiedlung orientiert – eine Reminiszenz an die Industrietradition des Geländes. Er wisse ja, so Jürgen Kessing, dass sich mancher Bietigheimer ohnehin schwer damit tue, dass DLW nicht einmal mehr im Namen des Areals vorkomme.

Bevor es mit den Büros ans Verfeinern geht, sollen die Anregungen der Bürger gehört werden. Dafür bietet eine öffentliche Präsentation am 2. Mai, 18 Uhr, in der Aurainhalle, Im Aurain 3, die Gelegenheit. Die Planer erläutern ihre Entwürfe dort selbst. Die Modelle sind zuvor bis zum 30. April im ersten Stock der Marktplatz-Arkaden, Marktplatz 9, ausgestellt.