Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Baden-Württemberg (SGK) wollte von den Spaziergängern wissen, wie sie sich die Gestaltung des neuen Quartiers in Stuttgart vorstellen.

S-Nord - Wer sich mit Stadtplanung beschäftigt, braucht Fantasie, um sich die ferne Zukunft vorstellen zu können. Wo heute noch der Abraum der Stuttgart-21-Baustelle und Tunnelbohrungen für Staub und Lärm sorgen, könnte in etwa 30 Jahren ein attraktives Wohngebiet entstehen. Um die Bürger nach ihren Wünschen zu fragen, lud die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Baden-Württemberg (SGK) zu einem Städtebaulichen Rundgang durch das künftige Rosensteinviertel ein. In einem großen Bogen wurden die Teilnehmer drei Stunden lang vom beschaulichen Pragfriedhof bis zum samstäglich belebten Rosensteinpark geführt – vorbei an staubigem Gelände, auf dem auch am Wochenende die Bagger nicht stillstehen, und an altertümlich wirkenden Bahngleisen und Brücken, bei denen es um die Frage Abriss oder Begrünung für Fußgänger und Fahrradfahrer geht.

 

Andreas Hofmann, stellvertretender SKG-Kreisvorsitzender, und Jochen Hammer, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Bürger für Baden-Württemberg, begleiteten etwa 30 Interessenten mit Bollerwagen und Megafon. Als Experte war der zweite Bezirksvorsteher Sebastian Sage dabei, der als Stadtplaner und Mediator zwischen Befürwortern und Gegnern auf nahezu alle Fragen eine Antwort hatte.

Der Rundgang führte auch in den Info-Laden Stuttgart 21 auf der Prag

Eine erste Station war die Ausstellung „Von der Prag zum Rosenstein“, die in einem Seitenflügel der Martinskirche zu sehen ist. Josef Klegraf vom Infoladen Stuttgart 21 nutzte die Gelegenheit, auf die historischen Bauten des Gleisbogens aufmerksam zu machen, die bei der Planung zu berücksichtigen seien. „Wir wollen das Alte integrieren“, sagte er. Schließlich sei das Viertel seit jeher von den Gleisen geprägt.

In diesem Zusammenhang warb auch Sebastian Sage dafür, vorhandene Gleise weiterhin zu nutzen. „So preisgünstig bekommen Sie die Erweiterung des S-Bahnnetzes sonst nicht“, betonte er.

Weiter ging es zur 2004 eröffneten Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ am Inneren Nordbahnhof. Von dort aus wurden zur Zeit der Nationalsozialisten mehr als 2500 Menschen deportiert. Als befürchtet werden musste, dass dieser geschichtsträchtige Ort überbaut würde, setzten sich Stuttgarter Bürger für den Erhalt ein. Wenige Meter dahinter wird heute der Aushub der S21-Baustelle auf einem riesigen Areal sortiert, gegen die Staubbelästigung beregnet und schließlich weitertransportiert, um unter anderem alte Steinbrüche in Thüringen aufzufüllen.

Eine Idee ist, nicht mehr benötigte Bahnbrücken zu begrünen

Auf dem Gelände der Wagenhallen informierte Robin Bischoff vom Kunstverein über die Gestaltung des Containerdorfs, in dem bis zur Fertigstellung von S 21 Künstler ein Übergangs-Domizil finden werden. Die 120 Jahre alten Wagenhallen sollen als künstlerische Produktionsstätte und bedeutender Veranstaltungsort der Stadt erhalten und ab Januar 2017 saniert werden.

Bei den Planungen muss zwischen den Bedürfnissen der Anwohner und dem mit Lärm und Verkehr verbundenen Kulturzentrum ein Kompromiss gefunden werden. Die Künstler würden sich eine Art offenen Marktplatz wünschen. Sebastian Sage sprach von einem Gebäuderiegel und von Wohnungen für Künstler, „die sich an ihrem eigenen Lärm nicht stören“.

Über Treppen und vorbei an überwucherten Bahngleisen ging es auf die Fußgängerbrücke neben der Gäubahn. Die auf dem Weg diskutierte Idee, nicht benötigte Brücken und Gleise nach dem Vorbild des Highline-Parks in New York in einen hochgelegten Grünstreifen zu verwandeln, stieß dabei auf großes Interesse.

Den besten Blick auf die künftige Riesenbaustelle des Rosensteinviertels hat man vom Parkdeck der Post. Sebastian Sage beendete dort die Runde mit dem Hinweis, dass Stadtplanung eine langwierige Angelegenheit sei: „So etwas dauert 30 Jahre – und die haben vor fünf Jahren begonnen. Es ist höchste Eisenbahn, zu überlegen, wie wir die Stadt gestalten wollen.“