Das Ehepaar Rau beherbergt seit drei Jahrzehnten Gäste aus La Ferté.

Zuffenhausen - Am 2. April 1977 haben Jerome Bevilacqua, Bürgermeister von La Ferté-sous-Jouarre, und sein damaliger Zuffenhäuser Amtskollege Walter Frank in der Kantine des Bezirksrathauses feierlich den Freundschaftsvertrag zwischen den beiden Gemeinden unterzeichnet. Beim diesjährigen Fleckenfest vom 15. bis zum 18. Juni wird der 35. Geburtstag der Partnerschaft ausgiebig gefeiert. Dazu werden wieder zahlreiche französische Besucher erwartet, die bei ihren Stuttgarter Gastfamilien übernachten. Auch Elisabeth und Horst Rau stellen wieder ein Zimmer zur Verfügung. Das Zuffenhäuser Ehepaar hat jahrzehntelange Erfahrung mit Besuchern aus Frankreich.

 

„Eine Städtepartnerschaft lebt durch private Beziehungen“, sagt Elisabeth Rau. Mehr als 30 Gäste aus La Ferté haben sie und ihr Ehemann in den vergangenen Jahrzehnten beherbergt. In einem kleinen roten Buch wurden fein säuberlich Name, Adresse und Telefonnummer notiert. Mit vielen hat das Ehepaar heute noch Kontakt. Hintergrund für das Engagement bei der Städtepartnerschaft ist die Vergangenheit der beiden Nationen. Elisabeth Raus Vater hatte im Ersten Weltkrieg an der Marne, also in der Nähe von La Ferté, gekämpft. „Es ist wichtig, dass sich die Nachfolgegenerationen die Hand reichen. Wer einmal zusammen am Tisch saß, führt keinen Krieg gegeneinander“, sagt die Tochter heute.

Die ersten ausländischen Gäste im Hause Rau sind drei sieben- und achtjährige Mädchen gewesen, die vor mehr als 30 Jahren für ein Wochenende ihr Quartier im Zimmer unter dem Dach aufschlugen. Die drei gehörten zu einer Jugendgruppe aus La Ferté. Veronique, Sylvie und Melanie hatten viel Heimweh und wenig Hunger. „Es sind sogar Tränen geflossen“, erinnert sich Elisabeth Rau.

Was Alkohol so bewirkt

Wenn man die Raus nach schlechten Erfahrungen mit ihren Gästen befragt, fällt ihnen spontan nichts ein. Grundsätzlich habe es Sympathische und weniger Sympathische gegeben. Und Auffällige und weniger Auffällige. Eine 15-jährige Pfadfinderin zeigte gar eine wundersame Verwandlung. „Bei uns war sie ziemlich schüchtern und hat nur Cola getrunken“, erinnert sich Elisabeth Rau. Auf der Feuerwehr-Hocketse in Zazenhausen änderte sich das dann aber nachdrücklich. Nach dem Genuss einiger hochprozentiger Getränke war die Mademoiselle damals eine der ersten, die auf dem Tisch getanzt hat.

Nicht mehr tanzen konnten drei französische Busfahrer. Die hätten eigentlich beim Naturheilverein schlafen sollen, dort gab es aber eine Überschwemmung. Kurzerhand erklärten sich die Raus zur Aufnahme bereit. Am zweiten Abend kamen die Herren nicht mehr heim. Sie hatten Bekanntschaft mit deutschem Gerstensaft gemacht und sich entschlossen, im Bus zu nächtigen. Mit vereinten Kräften wurden sie dann doch ins Gästezimmer bugsiert.

„Der Aufenthalt im Ausland hatte früher für die Menschen eine größere Bedeutung. Heute ist er für viele selbstverständlich“, sagt Horst Rau. Ende der 70er-Jahre war er zusammen mit seiner Ehefrau zum ersten Mal in La Ferté, seitdem sind sie regelmäßig dort. An eines der französischen Geschenke können sich die beiden noch besonders gut erinnern: Beim Sportfest im Jahr 1987 bekam die Zuffenhäuser Delegation einen blau-weiß-rot angemalten Gockel überreicht. „Monsieur Le Tutu“ musste in aller Heimlichkeit über die Grenze geschmuggelt werden. In Zuffenhausen lebte er einige Jahre in Rappenberg, vertrug sich aber nicht sonderlich gut mit den Hühnern. Was aus ihm geworden ist, weiß man nicht.

Solche oder ähnliche Geschichten können die Raus viele erzählen. Vielleicht kommt ja beim diesjährigen Fleckenfest die eine oder andere hinzu.