Ludwigsburg und Kornwestheim haben Partnerschaften zu Städten in Russland beziehungsweise auf der annektierten Krim. Die wollen sie trotz des Kriegs halten – und sobald wie möglich intensivieren.

Genau 2538 Kilometer entfernt vom Rathaus in Ludwigsburg gibt es ein „Café Ludwigsburg“ – es liegt auf der Krim. Und genau 2513 Kilometer trennen die russische Stadt Kimry und den nach ihr benannten Kimry-Platz in Kornwestheim. Dennoch ist es nicht die Entfernung, die die Städtepartnerschaften zwischen Kimry und Kornwestheim sowie zwischen Ludwigsburg und Jevpatorija schwierig macht. Es ist der Krieg in der Ukraine, der kaum noch Kontakte zulässt. An den Freundschaften zu den russischen Städten wollen die beiden deutschen Städte aber festhalten.

 

In Kornwestheim haben alle Partnerstädte ein besonderes Privileg: Sie sind in den Namen von Straßen und Plätzen verankert. So gibt es in Kornwestheim den Weißenfelser Ring, die Eastleighstraße, die Villeneuvestraße und den Kimry-Platz. Der Kimry-Platz trägt seinen Namen seit dem Jahr 2000, als das Areal seine heutige Form annahm. Das Hochhaus auf dem Gelände, der Kimry-Turm, ist ebenfalls nach der russischen Partnerstadt benannt. Und das wird auch so bleiben. Anders als in der Ukraine: Dort sind wegen des Angriffskriegs zahlreiche Plätze und Straßen in Kiew, die mit Russland zu tun haben, mittlerweile umbenannt worden. „Derussifizierung“ nennt sich das dort und ist nicht unumstritten.

Beziehungen zu Kimry waren zuletzt nicht eng

Die Stadt Kornwestheim hält aber zu ihrer Freundschaft mit Kimry und zum Kimry-Platz – obwohl schon vor dem Krieg kaum noch Verbindungen dorthin bestanden. „So lange die Partnerschaft offiziell besteht, möchte die Stadt Kornwestheim, dass Kimry – genau wie die drei weiteren Partnerstädte – im öffentlichen Raum präsent ist“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Oberbürgermeisterin Ursula Keck möchte die wenigen verbleibenden Verbindungen nach Kimry nicht abreißen lassen. „Gerade in kritischen und schwierigen Zeiten sollten wir es als Chance begreifen, persönliche Kontakte zu pflegen und dabei auf die Bedeutung eines globalen Friedens hinzuweisen“, sagt sie.

Eine ähnliche Einstellung gibt es im Ludwigsburger Rathaus. Die Stadt pflegt seit 1990 eine Städtepartnerschaft zu Jevpatorija, das auf der von Russland annektierten Krim liegt. In den ersten beiden Jahrzehnten gab es kulturellen Austausche zwischen den beiden Städten mit gemeinsamen Aufführungen von Chören und Orchestern. Das heute weltberühmte Stelzentheater in Jevpatorija ist mit Ludwigsburger Unterstützung gegründet worden – die Stelzenläufer sind bereits mehrmals im Rahmen der Venezianischen Messe aufgetreten. Außerdem haben sich Ärzte, Unternehmer und Handwerker fachlich ausgetauscht.

Privatpersonen erhalten die Freundschaft

Die gemeinsamen Aktivitäten fielen im Jahr 2014 der Annexion der Krim zum Opfer, seither gibt es nur noch private Kontakte zwischen beiden Städten. 2017 war eine kleine Gruppe von Musikern auf die Krim gereist, um dort Workshops und ein Konzert zu geben. 2019 kam Wiliam Khailo als Solo-Violonist für ein Weihnachtskonzert nach Ludwigsburg. Das sind Kleinigkeiten, die die Freundschaft erhalten. Die Stadt Ludwigsburg freut sich, dass die Bürger das machen. „Trotz der dramatischen Entwicklung und des Krieges in der Ukraine bleibt Jevpatorija unsere Partnerstadt“, heißt es von der Verwaltung, „unsere Partnerschaften mit anderen Städten wurden nach dem Zweiten Weltkrieg im Geist der Versöhnung begründet – mit dieser mutmachenden Erfahrung hoffen wir sehr auf eine friedliche Lösung für die Ukraine“.

Das betonte auch der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht, als es jüngst im Wirtschaftsausschuss um die Städtepartnerschaften ging. Ob es überhaupt noch notwendig sei, dass Jevpatorija noch in den Förderrichtlinien genannt werde, wollte der Freie-Wähler-Fraktionschef Reinhardt Weiss wissen. „Ihre Skepsis zwischen den Zeilen teile ich. Es ist für uns nicht absehbar, ob Jevpatorija als Partnerstadt für uns jemals wieder greifbar sein wird“, sagte Knecht. Das hänge davon ab, wie der Krieg ausgehe und ob die Krim wieder ukrainisch werde. „Aber es gibt aktuell keinen Grund, Jevpatorija ganz abzuschreiben.“