Die Fraktionen würdigen das Jahresergebnis 2016, kristisieren aber die Sparpolitik der Verwaltung. Sie verstehen nicht, warum man trotz hoher Überschüsse unter anderem Warmbadetage streichen und weniger Blumen pflanzen will.

Stuttgart - Verkehrte Welt im Verwaltungsausschuss: Für die Präsentation des Jahresabschlusses 2016 mit einem Überschuss von 231 Millionen Euro und einen erfreulichen Ausblick haben OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) am Mittwoch Prügel bezogen. Ursächlich dafür, das machten die Sprecher deutlich, sei nicht etwa die Höhe des Ergebnisses; die Verwaltung habe hervorragend gewirtschaftet. Kritisiert wurde, dass der Überschuss um das Hundertfache über jener Prognose der Rathausspitze lag, die bei den Haushaltsberatungen Ende 2015 den Gestaltungswillen des Gemeinderats doch erheblich eingeschränkt hatte.

 

Damals waren Kreditermächtigungen in Höhe von 280 Millionen Euro für nötig erachtet worden, um das Gesamtpaket zu finanzieren. Nun sieht sich Kämmerer Föll veranlasst, Vorschläge zu unterbreiten, wie der Überschuss im Nachgang verwendet werden könnte. Inklusive einiger schon vorhandener Projekte geht es um ein Volumen von 588 Millionen Euro.

Entscheidung wird vertagt

Eine rasche Entscheidung über das weitere Vorgehen am Donnerstag im Gemeinderat wurde kategorisch abgelehnt. Diese soll erst eine Woche später fallen. Auch das Vorhaben von Kuhn und Föll, trotz der Überschüsse und einem auf 1,8 Milliarden Euro angewachsenen Rücklagenberg Kürzungen im Umfang von 26 Millionen Euro pro Jahr im laufenden Haushalt beschließen zu lassen, schlug fehl. Das komme gar nicht in Frage, betonten die Sprecher. Darüber werde auch nicht nächste Woche befunden, sondern erst in den anstehenden Etatberatungen.

Kuhn musste sich in diesem Kontext von Körner kritisieren lassen, im Höhenpark Killesberg Blumen durch Dauergrün ersetzen zu wollen. Mit der Senkung des Standards sollen 118 000 Euro im Jahr eingespart werden. Kuhns Ankündigung, für die Etatberatungen ein Grünprogramm vorzuschlagen, wurde deshalb mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Die Sportvereine um bis zu 8000 Euro jährlich stärker zur Kasse zu bitten, wurde ebenso kritisiert wie die Streichung eines Warmbadetags in Hallenbädern und die Verkürzung der Betriebsdauer von Brunnen.

Föll erntet Kritik aus den eigenen Reihen

CDU-Chef Alexander Kotz sprach das Missverhältnis von Planzahl und Ergebnis an. Es mache den Stadträten schwer, den Bürgern zu erklären, warum sinnvolle Projekte nicht beschlossen würden, am Jahresende aber viele Millionen auf Rücklagenkonten wanderten und 280 Millionen Euro Bares in der Kasse lägen. „Sie erwirtschaften hohe Überschüsse, vernachlässigen aber ihre Kernaufgaben“, brachte es Martin Körner auf den Punkt. Der SPD-Chef, Kotz, aber auch Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) machten klar, dass über die Verwendung der Überschüsse noch zu reden sei – vor allem über jene 40 Millionen Euro, die für die erst Ende des Jahrzehnts anfallende Sanierung der Oper vorgesehen sind.

Die Stadt schiebt eine Bugwelle von einer halben Milliarde Euro zwar finanzierter, aber nicht umgesetzter Projekte vor sich her. Die Verwaltung sei aber in der Pflicht, beschlossene Vorhaben im vorgegebenen Zeitrahmen zu erledigen, hieß es im Ausschuss. Als Hauptursache haben Körner und Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke plus) den Personalmangel ausgemacht, etwa im Hochbauamt. Rockenbauch forderte die Kollegen auf, in den Etatberatungen mehr Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Martin Körner riet CDU und Grünen, den Haushalt nicht wieder im Alleingang zu beschließen, sondern auf eine breite Front gegen die Stadtverwaltung zu setzen.