55. Stallwächterparty der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin: Angela Merkels Streit mit Horst Seehofer steht im Zentrum der Reden und Gespräche.

Berlin - Schrecksekunde auf der Stallwächterparty. Gerade sind in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin alle Reden geschwungen, vom Gastgeber und Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, von Landesinnenminister Thomas Strobl, von Kanzlerin Angela Merkel, die auf ein Glas Weißwein und einen Grillteller vorbeigeschaut hat. Man hätte zum geselligen Teil übergehen können. Plötzlich gehen die Sirenen los. Ohrenbetäubend.

 

Alle müssen den Saal verlassen. Unruhe macht sich breit. Angela Merkel ist ohnehin im Aufbruch begriffen – der Koalitionsausschuss ruft. Man hört Sirenen, Feuerwehr rückt an. Nach 20 Minuten klärt sich alles auf: Ein Grill hatte wohl einen Feuermelder ausgelöst. Jetzt wird dann doch gefeiert.

Heiß ist es gerade in Berlin. Klimatisch. Und politisch. Man bräuchte mal eine Pause. Und sei es nur für eine halbe Stunde unter Freunden. Oder wenigstens unter Menschen, die es gut mit einem meinen.

Kretschmann meint es gut mit Merkel

Ministerpräsident Kretschmann meint es gut mit Kanzlerin Merkel. Er hat sie zu den „Stallwächtern“ eingeladen – das traditionelle Treffen in der Landesvertretung, zu dem sich jedes Jahr kurz vor der Sommerpause Politiker, Prominente aus Kultur und Wirtschaft, Medienschaffende und Freunde des Südwestens versammeln. 1500 Gäste sind diesmal da – darunter der Kabarettist Christoph Sonntag und VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Kretschmann begrüßt seine Gäste. Hier könne man in guten Zeiten feiern, in schlechten zur Gesprächstherapie zusammenkommen, sagt er.

Gerade sind schwierige Zeiten. Vieles steht in Frage, weshalb der Ministerpräsident die 55. Stallwächterparty als „stabile Institution“ bezeichnet, es sei Verlass auf dieses „Ankerzentrum der Humanität“. Angela Merkel nimmt es gerne an. Sie findet, dass Kretschmann in einer ähnlichen Lage ist wie sie als CDU-Chefin, die sich mit Innenminister Horst Seehofer und seiner CSU herumplagen muss. Die Baden-Württemberger seien ja „Nachbarn der Bayern“, sagt sie. Sie wüssten ja, „wie man auf Gemeinsamkeiten hinarbeitet“. Merkel hat später im Koalitionsausschuss noch Ähnliches vor.

Die Party steht unter dem Motto der Artenvielfalt, ausgewählt vom Ministerpräsidenten höchstpersönlich. Deshalb gibt es Insekten zu essen, und die ganze Landesvertretung ist von Blumen und Tiergeräuschen erfüllt. Per Tweet grüßt sogar Alexander Gerst von der Raumstation ISS, weil er von oben ein Forschungsprojekt zur globalen Tierwanderung betreibt. Als Geschenk bekommt die Kanzlerin von Gastgeber Kretschmann deshalb ein Insektenhotel überreicht, das sie im Kanzlergarten oder zuhause in der Uckermarck einzusetzen gedenkt.

Der Bayer ist angemeldet, erscheint aber nicht

So ein Insektenhotel vereint viele höchst unterschiedliche Spezies. Thomas Strobl findet, dass die Politik auch so eine Art Insektenhotel ist: „Der liebe Gott hat einen großen Tiergarten, gell Angela!“ Viele komische Typen gibt es da: Strobl nennt den homo politicus, den homo bavaricus („eigene Sprache, sonderbare Ideen“) und den homo populisticus („Von ihm halten Sie sich fern!).

Fern gehalten hat sich der nicht namentlich erwähnte homo bavaricus. Horst Seehofer ist – obwohl er angekündigt gewesen ist – nicht erschienen. Die meisten haben ohnehin nicht damit gerechnet.