J. J. Abrams bietet noch einmal alles auf, was die Zuschauer an „Star Wars“ lieben in „Der Aufstieg Skywalkers“, dem neunten und letzten Teil von George Lucas’ fantastischer Sternen-Saga. Dabei kommt es zu einem finalen Showdown ohne Hintertür.

Stuttgart - Große erzählerische Epen brauchen ein großes Ende, das offene Fragen auflöst und einen großen Bogen schlägt. Dem Produzenten und Regisseur J. J. Abrams, der „Star Wars“ mit der Episode VII (2015) neues Leben einhauchte, ist nun so ein Ende gelungen – keine Kleinigkeit bei einer Weltraumsaga, die Hollywoods Blockbusterkino neu definierte und über 40 Jahre lang Generationen von Zuschauern fasziniert hat.

 

Eine detektivische Schnitzeljagd führt in ein Effektfeuerwerk mit allem, was zu Star Wars gehört: Tapfere Rebellen und faschistoide Unterdrücker liefern sich Gefechte auf exotischen Planeten und mit Raumschiffen im All. Im Zentrum steht die Entscheidungsschlacht zwischen der hellen und der dunklen Seite jener ominösen Macht, die übermenschliche Kräfte verleiht und die Filmreihe von Anfang an magisch auflud. Abrams erzählt die letzte Konfrontation zwischen den stets um das Gute bemühten Jedi-Rittern und den stets als teuflische Weltenbrandstifter auftretenden Sith.

Rey und Kylo stoßen einander ab und ziehen einander zugleich an

Die Lebensbejaherin Rey (Daisy Ridley), die letzte Hoffnung der Jedi, und der cholerische Vatermörder Kylo Ren (Adam Driver), der gern Alleinherrscher wäre, ringen erneut miteinander: Wenn sie ungestüm die Lichtklingen kreuzen, britzelt, funkt und knallt es, sie stoßen einander ab und ziehen einander zugleich an. In beider Brust schlagen zwei Seelen, beide sind anfällig für die Lockungen der anderen Seite. Abgrundtief blühen die inneren Konflikte, befeuert durch eine dritte, überraschend auftauchende Schlüsselfigur, die für ein Déjà-vu sorgt und zugleich eine narrative Klammer bietet.

Daisy Ridley wird in die Filmgeschichte eingehen als eine junge Schauspielerin, die sich aus dem Nichts in eine der größten weiblichen Kino-Heldenfiguren aller Zeiten verwandelt hat. Mit Leib und Seele geht sie auf in der schwierigen Rolle, sie zeigt die physische Präsenz einer unbezwingbaren Kriegerin mit großem Herzen für alle Kreaturen: Mal bebt sie vor Zorn und mal vor Erschütterung. Adam Driver, aktuell in Hollywood ein sehr gefragter Charakterdarsteller, ist das Kunststück gelungen, eine würdige Darth Vader-Nachfolgefigur zu erschaffen. Auch in ihm lodern die Flammen, wenn er mit dem Lichtschwert wütet oder mit ausgestreckter Hand einen telepathischen Würgegriff ansetzt.

Carrie Fisher wurde im Computer reanimiert

Um Familienbande und um Traumata geht es da (die Nachnamenlose Rey erfährt, wieso ihre Eltern sie als Kind zurückließen), um ein Erbe, um Bestimmungen und darum, wo Menschen sich aus freien Stücken zu etwas bekennen und wo sie zu Getriebenen werden. Abrams hält die Linie, er bleibt konsequent im Universum der legendären ersten drei Filme (1977 bis 1983, Episoden IV bis VI), und lässt die eher verunglückten Episoden I bis III (1999 bis 2005) unberührt. Der Geist von Luke Skywalker, Leia Organa, Han Solo und Darth Vader durchzieht den Film, und es gibt manches Wiedersehen. Die verstorbene Carrie Fisher wurde als Leia Organa in jung und in alt im Computer reanimiert, der noch lebender Darsteller Mark Hamill erscheint als Geist des in Episode VIII verstorbenen Jedi-Meisters Luke Skywalker, und auch er darf kurz wieder aussehen wie 1977.

Auf Seiten der Diktatur geht es wie meistens eher stereotyp zu, wenn ein sehr konstruierter Spion enttarnt wird oder die düster kostümierten Knights of Ren wie ein aufgesetzter Trupp Pappkameraden der Handlung hinterherlaufen. Schon immer dreidimensionaler wirkten die tapferen Rebellen, die sich gegen die Sturmtruppen des Bösen stemmen. So fällt es den beiden Heißspornen Poe (Oscar Isaac) und Finn (John Boyega) nicht leicht, ihre Ziegenböckchen-Konkurrenz der Sache unterzuordnen. Was als Loblied auf die Freundschaft beginnt, wird bald zur Frage nach der Solidarität aller Unterjochten, gegen deren Massen kein Regime etwas ausrichten kann, wenn sich sich zusammentun. Billy Dee Williams schlüpft noch einmal in die Rolle des Weltraumgauners Lando Calrissian, der auf seine alten Tage zum Mentor mutiert. Der putzige Droide BB-8 bekommt einen skurrilen kleinen Freund, der goldene Besserwisser C-3PO muss sich von einem Alien-Äffchen am offenen Positronengehirn operieren lassen und der haarige Chewbacca röhrt, wenn der Millennium-Falke von feindlichen Jägern verfolgt wird, ehe er in Lichtgeschwindigkeit davonblitzt. Viel Nostalgie ist da im Spiel, und sie funktioniert, weil Figuren, Tonfall und Kulisse stimmen.

Mit gewitzten Kniffen und Wendungen schließt J. J. Abrams die neunteilige Saga ab, deren Grundzüge sich George Lucas Ende der 70er Jahre ausgedacht hat. Es wird weitere „Star Wars“-Filme geben, aber Abrams lässt keine Hintertür offen, die Geschichte der Ur-Figuren plausibel weiterzuerzählen. Das hat Größe – und beschert einer ungewöhnlich erfolgreichen Kino-Ära ein würdiges Ende.

Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers. USA 2019. Regie: J. J. Abrams. Mit Daisy Ridley, Adam Driver, John Boyega, Oscar Isaac. 142 Minuten. Ab 12 Jahren. Bereits von diesem Mittwoch an in den Kinos Cinemaxx City (auch OV) & SI (auch OV), Delphi (OmU), Gloria (auch 3D, Atmos), Metropol (OV), Ufa (auch 3D und OV)