Daisy Ridley spielt die weibliche Hauptrolle in der siebten Folge des „Star Wars“-Heldenepos. Die noch relativ unbekannte 23-jährige Britin jobbte in einer Bar als Kellnerin, als sie sich für die Rolle bewarb.

London – - Wenn am kommenden Donnerstag die siebte „Star-Wars“-Episode „Das Erwachen der Macht“ in den Kinos startet, werden weltweit Millionen Fans Schlange stehen. Beim Film-Ereignis des Jahres werden neben alten Ikonen wie Carrie Fisher als Prinzessin Leia oder Harrison Ford als Han Solo auch neue Helden mit Spannung erwartet. Die zentrale weibliche Figur der neuen Trilogie spielt die 23-jährige Britin Daisy Ridley. Wir haben sie in London zum Interview getroffen.
Ms. Ridley, wie bekommt man eine Rolle, die sämtliche Jungschauspielerinnen dieses Sonnensystems spielen wollen?
Das war in der Tat ein sehr langwieriger und zermürbender Prozess. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als ich endlich die Zusage hatte. Dabei dachte ich eigentlich, dass ich das erste Casting total vermasselt hätte. Doch ich muss ja wohl irgendetwas richtig gemacht haben (lacht). Ich wurde wieder eingeladen, musste für die Rolle insgesamt fünf Mal in sieben Monate vorsprechen. Und dann kam endlich der erlösende Anruf des Regisseurs, dass ich die Rolle bekomme.
Wie haben Sie reagiert, als Sie die Nachricht erhalten haben?
Ich saß gerade mit einem Freund im Theater, als der Anruf kam. Ich war völlig fertig mit den Nerven vor lauter Aufregung. Das Beste an der Geschichte war, dass mein Handy den Geist aufgegeben hatte. Ich musste also zurückrufen und wusste erst einmal gar nicht wie. Zunächst dachte ich: Wow, ist das wirklich wahr? Habe ich das richtig verstanden, ich soll Rey spielen? Ich konnte es nicht fassen. Dann dachte ich mir, vielleicht entscheiden sie sich doch noch um und besetzen die Rolle mit einer anderen Schauspielerin. Vielleicht bin ich nicht die Richtige und nicht gut genug. Aber wie Sie sehen, bin ich immer noch dabei.
Dummerweise durften Sie Ihr Glück mit niemandem teilen, weil sämtliche Informationen zu „ Star Wars“ streng geheim waren. Wie funktioniert das, wenn man die ganze Welt umarmen will?
Das war problematisch. Ich durfte ja meinem Freund im Theater nicht erzählen, was gerade passiert war. Dabei hat er sich natürlich gewundert, warum ich plötzlich so ein Nervenbündel war. Ich durfte ja nicht einmal meiner Familie etwas verraten. Eine völlig unwirkliche Situation.
Wie surreal wird das Leben, wenn man auf dem Set zu „Star Wars“ dann auch noch Harrison Ford trifft?
Es klingt nicht besonders originell, aber ich dachte wirklich, ich träume. Harrison ist übrigens ein sehr netter Kerl. Ich durfte Teil dieses unglaublichen Teams sein, und sie haben mich wie einen Freund aufgenommen. Das war ein wunderbares Gefühl. Die Dreharbeiten zu „Star Wars“ gehören zum Schönsten, was ich je erlebt habe. Und ich hatte den Eindruck, wirklich erkannt zu werden, mich von meiner besten Seite zeigen zu können. Ich war einfach glücklich. Für mich war jeder Tag magisch, im wahrsten Sinne des Wortes. Das klingt jetzt klischeehaft, aber es ist wahr.
Bald kennt Sie die ganze Welt . . .
Sagen Sie das doch nicht so. Das macht mir etwas Angst.
Wie gehen Sie damit um?
Letztendlich kann ich jetzt sowieso nichts mehr ändern. Deswegen atme ich tief durch und übe mich in Gelassenheit.
Was haben Sie eigentlich gemacht, bevor Sie die Rolle bekommen haben?
Als Schauspielerin war ich gerade arbeitslos. Ich habe in einer Kneipe als Bedienung gejobbt.
Wann sind Sie mit dem Schauspiel-Virus infiziert worden?
Das war schon in der Schule. Da war ich noch sehr jung. In meiner allerersten tragenden Rolle habe ich einen Stern gespielt. . .(lacht). Das war tatsächlich mein erster Auftritt. Und ich erinnere mich sehr gut daran, wie ich später den Demetrius in Shakespeares Sommernachtstraum gespielt habe, eine Männer-Rolle. Dafür habe ich mal eben das Geschlecht gewechselt. Aber warum nicht? Wenn du einmal auf einer Bühne gestanden hast und das Publikum reagiert auf dich, das vergisst du nie wieder. Und du willst mehr davon haben.
Sind Sie die erste Schauspielerin in Ihrer Familie?
Nein, mein Großonkel hat in einer sehr populären britischen TV-Sitcom mitgespielt. Sie hieß „Dad’s Army“. Er war Private Charles Godfrey. In Deutschland ist die Serie wahrscheinlich nicht so bekannt. Aber bei uns ist das immer noch eine große Nummer. Und mein Vater hat als Teenager in zwei Filmen mitgespielt. Aber die hat er mir bis heute nicht gezeigt. In meiner Familie gibt es einige Künstler. Mein Vater ist zum Beispiel eigentlich Fotograf. Ich kann mich nicht erinnern, woher ursprünglich mein Interesse für die Schauspielerei kam. Doch ich weiß noch genau, wer als erstes wirklich an mich geglaubt hat. Das war ein Lehrer, der mich in meinem letzten Schuljahr unterrichtet hat.
Fans lieben „Star Wars“, weil es ein so grandioses Parallel-Universum ist, in dem man aus der Realität verschwinden kann. Was ist Ihre Parallelwelt, wenn Sie untertauchen wollen?
Für mich waren das immer die Bücher. Von Filmen weiß ich erschütternd wenig. Ich bin eine Schande für die gesamte Schauspieler-Zunft. Meine Großeltern hatten eine Buchhandlung. Und das Haus meiner Eltern ist randvoll mit Büchern. Ich habe alles gelesen, was ich in die Finger kriegen konnte.
Wann wurde Ihnen zum ersten Mal bewusst, dass „Star Wars“ existiert?
Das war irgendwann in meiner Kindheit. Ich habe Episode III im Kino gesehen. Meine Erinnerungen sind allerdings etwas vage, weil ich vor allen Dingen fürchterliche Angst hatte. Ich war einfach viel zu jung und definitiv noch nicht die richtige Zielgruppe, um den Film gut zu finden. Die erste Trilogie habe ich dann später angeschaut. Aber ich hätte nie im Leben erwartet, dass das Publikum diese Filme so unglaublich liebt, wie ich jetzt realisiere. Selbst als ich für die Rolle vorgesprochen habe, war mir das nicht in vollem Umfang bewusst. Beim Casting dachte ich noch: cooles Projekt, coole Rolle. Eigentlich war mir erst nach Ende der Dreharbeiten klar: Oh Gott, der Film ist den Leuten richtig wichtig.

Berühmt in vier Jahren

 

Herkunft
Daisy Ridley, Jahrgang 1992, wuchs in London als Tochter eines Fotografen und einer PR-Agentin auf. Sie hat zwei Schwestern und zwei Halbgeschwister. Ihre Schauspielausbildung absolvierte Ridley 2010 an der Tring Park School for the Performing Arts in Hertfordshire.

Karriere
2013 übernahm sie erste Rollen in britischen Fernsehserien wie „Casualty“ und „Mr. Selfridge“. Ende April 2014 wurde bekannt, dass sie als Rey eine Hauptrolle in der neuen Episode von „Star Wars“ spielen wird. Es gilt als Absicht des Regisseurs J. J. Abrams, die Rollen mit unbekannten Darstellern zu besetzen – so wie es George Lucas 1977 bei „Krieg der Sterne“ gemacht hatte.