In der Stuttgarter Paulaner-Dependance hat der hiesige Ableger des eigentlich bayrischen Starkbieranstichs begonnen. Zwischenzeitlich hat der Rundfunk das Ereignis gekapert und in die Alte Kelter in Fellbach verlagert.

Stuttgart - Es ist fast alles anders als am Anfang. Da lud die Münchener Paulaner-Brauerei zum Starkbieranstich in ihr Stuttgarter Lokal, und der Kabarettist Christoph Sonntag las dem Ministerpräsidenten Günther Oettinger in den proppenvollen Gaststuben die Leviten. Irgendwann wurde der Südwestrundfunk auf die immer größer werdende Veranstaltung aufmerksam und übernahm die Regie: Am Samstagvormittag verfolgten rund 1500 Gäste, davon auffällig viele Minister (wie etwa Agrarminister Alexander Bonde, Grüne, oder Sozialministerin Karin Altpeter, SPD) die Fastenpredigt in der Alten Kelter in Fellbach (Rems-Murr-Kreis).

 

Aus schwer nachvollziehbaren Gründen stach Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Fass – übrigens mit elf Schlägen – bereits vor dem politischen Rundumschlag an. Aber schließlich kommt die flüssige Fastenspeise auch nicht mehr aus München, sondern aus Vaihingen und ist als Heller Bock seit November im Handel.

Christoph Sonntag bekommt Schützenhilfe

Und auch auf der Bühne sollte zusammenkommen, was nicht recht zusammenpassen wollte. Christoph Sonntag schlüpfte wieder in die Mönchskutte des bereits 1717 verschiedenen Bruders Christophorus Sonntag. Dieser verließ seinen himmlischen Beobachtungsposten und landete mit Nebelschwaden und Chorgesängen in der Kantine des baden-württembergischen Landtags. Sie bildete die optische und inhaltliche Klammer der Co-Kabarettisten, die der SWR für seine Ausstrahlung am Sonntag verpflichtet hatte: Die A-cappella-Band Fuenf, das Wanke-Ensemble mit ihren Politikerpuppen, Thomas Schreckenberger als frustrierten stellvertretenden Fraktionschef der SPD, Heinrich del Core als schwäbisch-italienischen Küchenchef und Monika Hirschle als Chefsekretärin des Landtagspräsidenten: „Der Guido Wolf, der dreckelt net und isst älles.“

Wolf, CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2016, bekam am meisten Häme ab, dicht gefolgt von seinem Parteikollegen Thomas Strobl. Der CDU-Landeschef habe, predigte Sonntag, jene Mitgliederbefragung angeregt, die ihn „umgelegt“ habe. Generell passe eine Befragung der Basis so zur CDU „wie ein Pflichtfleischtag in die grüne Landtagskantine“. Zumal im ländlichen Bereich die Mitgliedschaft vererbt werde wie ein genetischer Defekt. Zur Versöhnung gab’s für Strobl das Prädikat „George Clooney der CDU“. Die Homestory in der „Bunten“ habe Wolf auf den Plan gerufen, so Sonntag. Der konnte allerdings nur eines seiner Gedichte in der „Bäckerblume“ veröffentlichen, „neben dem Rezept für den glutenfreien Hefezopf“. Wer Gedichteschreiben und Xylofonspielen als seine Hobbys angebe, könnte sich schwer tun, die städtische Wählerschicht zu gewinnen. Wobei: „Was hat Gunther Sachs mit dem Xylofon für Frauen klargemacht?!“

Zum Abschluss lässt Wolf die Klanglöffel wirbeln

Nach einem auf die Welt zurückgekehrten Geistlichen klang das nun gerade nicht. Auch die Niederungen der baden-württembergischen Landespolitik schienen dem schwäbischen Mönch nicht genug. Bruder Christophorus schwenkte großzügig auf die bundespolitische Bühne – und Cem Özdemir durfte sich natürlich einen Kommentar zu seinem Selfie mit der Hanfpflanze auf dem Balkon anhören. Munter ging es weiter über Obama, Erdogan und Putin bis zur Schnullerkettenverordnung der EU.

Zum Abschluss gab’s ein „Deus Dominus vobiscum“ und dampfenden Gaisburger Marsch im Weckglas. Eine hübsche Idee, nur war die Brühe recht leise und das Siedfleisch ziemlich zäh – so wie manche Einlage an diesem auf Fernsehtauglichkeit getrimmten Vormittag. Doch dann kam der Überraschungsauftritt von Guido Wolf als Ehrengast der Erpfenbrass-Band: Er ließ die Klanglöffel übers Xylofon rasen, als gebe es kein Morgen mehr. Prosit.