Der große Avantgardist Juan Amador ist derzeit ohne Restaurant, kocht aber nun als Gast im Mercedes-Benz-Museum. Im Interview bezeichnet er Foodblogger als Parasiten und beschwert sich, dass heute zu sehr am Gast vorbei gekocht wird.

Lokales: Matthias Ring (mri)
Stuttgart – - Mit Juan Amadors Weggang von Mannheim nach Wien hat das Land sein modernstes Dreisternerestaurant verloren. Nun kann man vielleicht zum letzten Mal für einige Tage in den Genuss dieser Weltklasse kommen. Im Interview spricht Amador über seine Pläne und kritisiert die Entwicklungen in der Gourmet- und Foodblogger-Szene.
Herr Amador, Sie haben Ihr Restaurant in Mannheim aufgegeben und leben nun in Wien, vermutlich auch, weil das Umfeld dort einfach attraktiver ist.
Es gibt deutlich schlimmere Städte – Mannheim zum Beispiel. In Wien hat man ganz andere Möglichkeiten. Ein Restaurant lebt auch von neuen Gästen, nicht nur von Stammgästen. Und die Leute wollen ein Erlebnis, gehen noch ins Konzert, in die Oper oder ins Museum. Diese Rahmenbedingungen sind nicht unwichtig. Früher ist man in das eine Restaurant gepilgert, aber heute gibt es immer mehr von uns – eigentlich zu viele. Manchmal komme ich mir vor, als würde ich Sand in der Sahara verkaufen.
Sie wollten in Wien in einem ehemaligen Cabaret ein Restaurant mit nur einem Chef’s Table aufziehen. Warum nun nicht?
Es gab Differenzen mit der Vermieterin, und dann wurde das Ganze zu riskant. Es hat sich herausgestellt, dass es sich um eine Kernsanierung gehandelt hätte und die Kosten um 50 Prozent gestiegen wären. Ich bin schon genug Risiken in meinem Leben eingegangen. Auch wenn ich gesehen habe, dass es schwierig wird, habe ich mir immer wieder gesagt: Das ziehen wir jetzt durch. Aber man muss aus dem Scheitern etwas lernen, sonst wäre man dumm.
Wie sehen Ihre neuen Pläne aus?
Danach hagelte es Angebote, aber ich bin mittlerweise vorsichtig geworden. Ich habe jetzt einen guten Partner gefunden und werde im nächsten Jahr etwas eröffnen. Der Plan ist, dass wir uns breiter aufstellen. Auf der einen Seite mit einer Greißlerei, wie man in Österreich sagt, einem Feinkostladen, in dem man auch essen und trinken kann. Auf der anderen Seite mit einem Restaurantbereich mit einer wunderschönen Außenfläche. Wir wollen uns nicht nur auf ein kleines Restaurant verlassen . . .
. . . und sich somit von der absoluten Spitzengastronomie verabschieden?
Wir Köche sind ja extreme Egomanen. Man macht das alles für die Presse, die Führer, die Blogger, um sich durch das Lesen der Bewertungen etwas Gutes zu tun. Aber letztlich kocht man auch am Gast vorbei. Vielleicht sollte man in der Wüste besser Wasser als Sand verkaufen. Ich muss nichts mehr beweisen – und mir schon gar nicht.
Der vor Kurzem erschienene „Guide Michelin“ interessiert Sie aber schon noch?
Der „Michelin“ hat mir die schönste Zeit meines Lebens geschenkt. Das hat alles nach wie vor seine Berechtigung, aber ich betrachte das jetzt aus einem anderen Blickwinkel heraus. Aber natürlich auch, wie unser Restaurant in Frankfurt abschneidet, in dem ich kulinarischer Berater bin (Sra Bua by Juan Amador, Anmerkung der Redaktion).