Starkregen-Vorsorge im Kreis Ludwigsburg Erst zehn von 39 Kommunen haben ein Notfallkonzept

Das Unwetter in Braunsbach richtete im Jahr 2016 große Schäden an. Foto: (dpa/ Marijan Murat

Unwetter mit Starkregen können verheerende Schäden anrichten – das zeigte sich am Donnerstag auch im Kreis Ludwigsburg. Der Landkreis erkennt bei der Vorsorge erheblichen Nachholbedarf – und macht jetzt Druck.

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Die Rufe nach einem besseren Starkregenschutz sind spätestens nach der Katastrophe im Ahrtal unüberhörbar geworden. Der Landkreis Ludwigsburg wirkt nun auf seine 39 Kommunen ein – sechs Jahre nach der verheerenden Überflutung von Braunsbach haben nur zehn Städte und Gemeinden ihre Hausaufgaben gemacht und Starkregenkarten erstellt, berichtet das Landratsamt. Ein Risikomanagement sei mancherorts noch nicht begonnen worden.

 

Heftige Unwetter wüten im Kreis Ludwigsburg

Die Folgen von Starkregen sind im Kreis Ludwigsburg definitiv ein Thema. Schlammmassen wälzten sich am Donnerstagabend durch Mundelsheim und Oberstenfeld, als sich eine Superzelle im nördlichen Landkreis entlud. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber die Sachschäden sind erheblich. Erst im vorigen Jahr hatten sich im Juli in und um Ludwigsburg Straßen in reißende Bäche verwandelt, Kanaldeckel wurden hochgedrückt, Keller liefen voll. Wie Schäden bei solch extremen Ereignissen in Grenzen gehalten werden können, beschäftigt die Verwaltungen. Mit einem Starkregenrisikomanagement können Kommunen Hinweise geben, wo Wassermassen abfließen oder sich stauen.

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Richtig in Fahrt kommen soll das Risikomanagement im Landkreis Ludwigsburg in den nächsten Monaten. Trotz regelmäßiger schwerer Unwetter haben nur die vom Starkregen-Ereignis des 4. Juli 2010 sensibilisierten Glemsanrainer-Kommunen Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen, Korntal-Münchingen, Markgröningen und Schwieberdingen das Projekt umgesetzt – ebenso wie Steinheim, Bietigheim-Bissingen, Vaihingen und Tamm. Das Landratsamt Ludwigsburg hält diesen Stand jedoch für nicht ausreichend. Man stehe mit den Kommunen in einem intensiven Austausch und betone die „immens wichtige“ Aufgabe, so der LRA-Sprecher Andreas Fritz.

Landratsamt: Jede Kommune sollte vorbereitet sein

Vor der Katastrophe im Ahrtal rangierte der Starkregenschutz in vielen Gemeinderäten eher als Randthema. Doch der Wind hat sich gedreht. So hat etwa der Gemeinderat von Mundelsheim im Januar den Einstieg ins Starkregenmanagement beschlossen. In Oberstenfeld laufen laut Bürgermeister Markus Kleemann Vorbereitungen: „Wir sind da dran.“ Das aktuelle Feedback aus den meisten säumigen Kommunen stimmt das Landratsamt Ludwigsburg zuversichtlich. Das Konzept sei bei sechs Kommunen in der Bearbeitung, neun hätten eine Förderzusage erhalten oder einen Förderantrag gestellt, berichtet Andreas Fritz. „Die Fortschritte im Hinblick auf die Bewusstseinsbildung sind erkennbar und die daraus folgenden Maßnahmen erfreulich.“

Das Ziel ist laut Fritz, dass jede Kommune einen solches Management habe und anwende. Das Land setze mit einer Förderung von 70 Prozent einen hohen Anreiz. Durchschnittlich fielen Kosten von 30 000 bis 50 000 Euro an. Hinzu kämen aber weitere Kosten, wenn etwa Rückhaltebecken gebaut würden.

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Fortgeschritten ist das Starkregenrisikomanagement in Steinheim . Dort hat die Verwaltung vor wenigen Tagen digitale Karten im Internet veröffentlicht, aus denen das Gefährdungspotenzial an einzelnen Stellen hervorgeht. „Starkregen kann jederzeit zu Überflutungen führen“, sagt der Bürgermeister Thomas Winterhalter. Steillagen mit einem erheblichen Risikopotenzial gebe es nicht nur in den Weinbergen von Kleinbottwar oder in dem von Anhöhen umgebenen Höpfigheim – auch die Kernstadt mit steilen Auffahrten in Siedlungen sei anfällig.

Das Starkregenmanagement des Büros Winkler und Partner ist laut Winterhalter notwendig, um Fördergelder für Maßnahmen zu erlangen. „Unsere Karte hilft, Wasserschäden bei Privatanliegern zu verhindern.“ Jeder Grundstücksbesitzer stehe in der Pflicht, sein Eigentum durch Mauern, Becken oder Erhöhungen von Hauszugängen zu sichern. Natürlich koste das Eigentümer einiges an Geld, doch die Investitionen könnten sich im Einzelfall mehr als lohnen: „Je nachdem, wen die Gewitterwolke wie trifft, kann es ungemütlich werden.“

Der Katastrophenschutz denkt um und will Unterkünfte vorhalten

Verbessern wollen Landratsamt und Kommunen auch die Zusammenarbeit im Krisenfall. So hat die Gemeinde Benningen kürzlich ihr Budget für den Katastrophenschutz von 15 000 auf 50 000 Euro aufgestockt. Neben dem Starkregenmanagement spielte dabei auch die Unterbringung der Bevölkerung, etwa bei Stromausfall, eine Rolle, erklärt der Bürgermeister Klaus Warthon.

Nicht untätig war die Stadt Ludwigsburg. Sie habe bereits 2019 mit dem Prozess des Starkregenrisikomanagements begonnen, teilt Pressesprecher Peter Spear mit. Aktuell werde eine Starkregengefahrenkarte für den Stadtteil Pflugfelden erarbeitet. Zudem habe die Stadt einen Förderantrag für eine Starkregengefahrenkarte für die Kernstadt und Oßweil gestellt.

Landesweit beschäftigen sich laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg ein Drittel der Kommunen mit dem Management. Die Quote von derzeit 25 Kommunen im Landkreis Ludwigsburg sei relativ hoch.

Regina Stark bietet Infos

Leitfaden
 Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) hat den Leitfaden für Starkregenrisikomanagement im Jahr 2016 herausgegeben. Er bietet Kommunen den Dreischritt von der Erstellung der Starkregenkarte über die Bewertung des Überschwemmungsrisikos bis zur Erstellung eines Handlungskonzeptes.

Internetseite
 Einen ausführlichen und verständlichen Überblick über die Möglichkeiten des Starkregenrisikomanagements bietet die vom Regierungspräsidium Stuttgart mitentwickelte Internetseite www.reginastark.starkregengefahr.de.

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