Als letzte der großen Sportligen startet die Volleyball-Bundesliga der Männer am Donnerstag in die Saison. Die Eliteklasse will den Rückenwind der deutschen WM-Medaille nutzen und mit einem neuen Konzept den großen Rückstand auf andere Sportarten verkleinern.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Die Zukunft hängt hinter Jürgen Hauke. Drei Plakate sollen symbolisch den Weg nach vorne illustrieren. Sie sind Teil der Imagekampagne des deutschen Volleyballs. Auf dem Transparent links steht auf blauem Grund in weißer Schrift „Wir punkten mit Power“, rechts „Wir punkten mit Präzision“ – und in der Mitte des Marketing-Tryptichons der Kern des Ganzen: Das neue Logo der Volleyball-Bundesliga samt dem neuen Markenleitspruch, neudeutsch Claim: „Home of Respect“. „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, um uns in die Dimensionen der anderen Sportarten zu katapultieren“, sagt Jürgen Hauke, der Geschäftsführer der VfB Friedrichshafen Volleyball GmbH.

 

Die Gegenwart liegt vor ihm. Jürgen Hauke sitzt in der Friedrichshafener ZF Arena, er blättert im Magazin „Sponsors“ vor ihm auf dem Tisch und liest Zahlen vor. Das Fachblatt hat sich kürzlich den großen deutschen Sportligen jenseits des Fußballs gewidmet. Und was Hauke dort zum Beispiel bei den Etats sieht, ist ihm zwar bekannt, aber immer noch ernüchternd.

Es sind die Kennziffern des Misserfolgs. Die Sportart hat dort wie auch beim Indikator Zuschauer im Vergleich mit den Bundesligen im Eishockey, Basketball oder Handball den Anschluss verloren. Ihn vielleicht auch nie gehabt. „Wir haben großen Nachholbedarf“, sagt Hauke.

Viele Mitglieder – wenig Aufmerksamkeit

Volleyball ist ein großer Sport. Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) hat 451 000 Mitglieder (Stand 2013), das sind zwar viel weniger als der Deutsche Handball-Bund (803 000) hat, aber auch deutlich mehr als im Basketball (192 000) oder gar im Eishockey (27 000) organisiert sind. Aber die Volleyball-Bundesliga ist unter den Sportligen jenseits des Fußballs klein.

Alles soll besser werden.

Jenseits des Fußballs - die großen Ligen im Vergleich (für eine größere Ansicht klicken Sie auf die Grafik)

Seit 40 Jahren gibt es die Volleyball-Bundesliga. Ein Grund zum Feiern wäre das, ist es aber nicht, weil: „In den letzten 40 Jahren ist einiges schief gelaufen.“ Das sagt Frank Bleydorn. Der ist seit drei Monaten beim DVV, davor war er im Boxen lange Jahre für den Stall Sauerland tätig. Bleydorn soll den Sport besser verkaufen und die Umsetzung des „Masterplans 2013-2016“ mit Liga und Vereinen vorantreiben. Das Konzept haben im vergangenen Jahr die Vereine der ersten und zweiten Liga der Männer und Frauen erarbeitet. Es ist eine 92-seitige To-do-Liste, um die Marke Volleyball und die Clubs in Deutschland medial wie finanziell zu stärken. Der Zeitpunkt ist günstig, vor allem den Rückenwind durch das WM-Bronze der Männer wollen die Volleyballer nutzen. „Eine neue Zeit beginnt“, sagt Klaus-Peter Jung, der Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga.

Die neue Zeit kommt mit einem neuen Namen (Volleyball-Bundesliga statt Deutsche Volleyball-Liga) und einem neuen Logo daher, dazu wurde ein hochwertiger Imagefilm produziert, der die Dynamik und die Werte dieses Sports in Szene setzt.

„Bei allem steht die Professionalisierung im Vordergrund“

Allein nach dem Prinzip eines Schönheitschirurgen an der Optik der Liga herumzuoperieren, löst natürlich nicht die Probleme, das wissen die Beteiligten. Das Äußere ist das eine, die andere Seite der Inhalt: festgeschriebene Mindestetats, Mindesthallengrößen, professionellere Vereinsstrukturen, eine Eventisierung der Spiele und vieles andere haben die Clubs in ihrer neuen Gebrauchsanweisung für Volleyball 2.0 festgeschrieben. Über die Laufzeit des Wachstumsprogramms sollen von den Vereinen der ersten beiden Ligen der Frauen und Männer 500 000 Euro in die Maßnahmen investiert werden. „Bei allem steht die Professionalisierung im Vordergrund“, sagt Bleydorn.

Stelian Moculescu ist ein Kind der Liga. Der Trainer des VfB Friedrichshafen war 1978 als Spielertrainer Deutscher Meister mit dem TSV 1860 München, er ist ein umtriebiger Geist, der seit langem Veränderungen fordert. „Wir haben schon 1990 solche Punkte erarbeitet“, sagt er. Geschehen ist kaum etwas. Ein Beispiel ist der Boden. Gespielt wird bis heute oft in Hallen, deren Untergrund aussieht wie Moderne Kunst. Linien über Linien. Ein Grauen für die Augen, und wenig attraktiv für TV-Sender. Für TV-Spiele wird nun ein spezieller Boden vorgeschrieben. Der kostet um die 20 000 Euro, wer das Geld nicht hat, kann ihn sich bei der Liga leihen. Mittelfristig soll die Optik in der Hallen vereinheitlicht werden.

Das alles klingt gut, und es ist richtig und wichtig. Allerdings ist die Umsetzung nicht ganz so einfach, weil es neben hoch professionellen Vereinen wie Friedrichshafen und Berlin viele Clubs gibt, die vor allem ums Überleben kämpfen statt um Titel.

Viele Vereine haben finanzielle Probleme

Wie groß die Probleme der Liga sind, zeigt das Beispiel des Traditionsvereins Generali Haching: Der hat zurückgezogen, weil der Namenssponsor sein Engagement beendete. Auch viele andere Vereine müssen um jeden Euro kämpfen, auch der TV Rottenburg. Der Moerser SC wiederum hat aus wirtschaftlichen Gründen keine Lizenz mehr beantragt und dabei auch die neuen Anforderungen als Grund genannt.

Die Volleyballrevolution fordert Opfer.

Stelian Moculescu hat kein Mitleid. Er ist ein Volleyball-Darwinist. Wer sich nicht anpasst und die Standards nicht leisten kann, fliegt raus – nur so, sagt er, lasse sich das Niveau steigern: „Man muss den Schwachen den Sauerstoff abschneiden.“ Und von den Starken lernen. Zum Beispiel vom Basketball. Die Macher des VfB Friedrichshafen waren kürzlich zur Saisoneröffnung der Basketballer des FC Bayern München eingeladen und haben sich mit dem Club und der BBL-Führung ausgetauscht.

Die BBL ist das Vorbild, sie hat sich prächtig entwickelt, sie hat das Potenzial der neuen Medien früh erkannt, und sie hat mit der Telekom einen starken Medienpartner. Im Volleyball fehlt nicht nur der, sondern auch ein Namenssponsor für die Liga. Beides soll sich ändern. Der Ligapräsident Michael Evers sagt: „Wir glauben, dass wir jetzt mit den Mitbewerbern auf dem Markt besser mithalten können.“