Das Start-up Proservation, unterstützt von der Hochschule der Medien in Stuttgart-Vaihingen, hat einen ökologischen Verpackungsstoff entwickelt.

Vaihingen - Auf Hafer-, Weizen- und Dinkelfeldern sind sie im Spätsommer zu finden. Harte, trockene Hülsen, die die Getreideblüten umhüllen, genannt Spelzen. Beim Dreschen werden Spelzen von der Getreideblüte getrennt und nicht weiterverwendet. Das Start-up Proservation, unterstützt von der Hochschule der Medien (HdM), hat eine Verwendungsmöglichkeit gefunden. Spelzen sollen als ökologisches Verpackungsmaterial eingesetzt werden, und so Styropor ersetzen.

 

Die Thematik alternativer Verpackungsmöglichkeiten ist seit Erlass des Verpackungsgesetzes am 1. Januar 2019 hochaktuell. Dieses bezeichnet Styropor als nicht recyclingfähig. 20 Prozent der Styroporverpackungen landen im Gelben Sack oder in der Gelben Tonne. Zudem werden für die Herstellung von einem Kilogramm Styropor knapp drei Liter Erdöl benötigt.

Die Chance, dass das Start-up am Markt bleibt, liegt bei 50 Prozent

Die Produktidee, der „Schutzspelz“, ist vor zwei Jahren im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit entstanden. Lisa Scherer, Absolventin des Studiengangs Verpackungstechnik an der HdM, forschte zum Thema „Hohlräume erschaffen“. Das Resultat: Spelzen eignen sich aufgrund ihres natürlichen Hohlraums besonders gut. „Da ist ein brachliegendes Potenzial auf den Feldern, und der generelle Trend geht Richtung Nachhaltigkeit. Wir sind mit unserer Produktidee sehr zuversichtlich“, so Nils Bachmann, der Marketing-Verantwortliche des Start-ups.

Proservation wird von Generator, dem Start-up-Center der HdM, unterstützt. Laut Laut HdM liegt die Chance, dass Proservation langfristig am Markt bestehen bleibt, statistisch bei 50 Prozent. „Kein alternatives, nachhaltiges Verpackungsmaterial kommt den Eigenschaften eines Styropor-Polstermaterials mit individueller Formgebung derzeit derart nahe“, meint Kerstin Lauer, Pressesprecherin der HdM. Ein derzeit auf dem Markt erhältlicher alternativer Verpackungsrohstoff ist Stroh. Das Unternehmen Landpack aus dem Raum München bietet maßgeschneiderte Verpackungen an.

Derzeit hat das Gründungsteam ein Stipendium

Wie auch Styropor soll der Schutzspelz überwiegend als Einwegverpackung verwendet werden. „Die Verpackung zur Wiederverwendung an den Produktionsort zurück zu transportieren, ergibt ökologisch keinen Sinn“, so Professor Michael Herrenbauer, Studiendekan des Studiengangs Verpackungstechnik an der HdM. Laut Bachmann erwägt das Team eine Wiederverwertung im industriellen Rahmen. Wenn zum Beispiel ein Ersatzteil für ein elektronisches Gerät geliefert werden muss, solle das mangelhafte Produkt im Schutzspelz zurückversendet werden. „Der Schutzspelz ist sicher keine globale Antwort. Die Frage der Verpackung muss immer im Hinblick auf das jeweilige Produkt beantwortet werden“, sagt Michael Herrenbauer.

Das Gründungsteam wird ein Jahr lang, bis Februar 2022, durch das Exist-Stipendium vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Zurzeit arbeitet es an der Produktoptimierung. Das erste Produktbeispiel sei eine Verpackungsbox für Weinflaschen. Hierzu wolle Proservation mit regionalen Winzern und Bioweinherstellern kooperieren. Für große Industriekunden seien die Chargen bisher nicht ausreichend. Wie hoch der Preis für eine Weinverpackung ist, könne das Start-up noch nicht einschätzen. Ebenso ist noch unklar, ob Spelzen, wie Styropor, zur Gebäudedämmung eingesetzt werden können. Als Test sei ein Stück Butter jeweils in eine Styropor- und Spelz-Box gelegt worden. Dabei hätte Proservation herausgefunden, dass Spelzen dämmend wirken. Allerdings sei ihre Dämmwirkung geringer als die von Styropor. Bachmann betont: „Erst beschäftigen wir uns mit Verpackungen. Längerfristig ist Dämmung vorstellbar.“