Viele verschiedene Kaffeeröstungen probieren, ohne dabei hundert angebrochene Packungen zu horten? Gianna Zeyns hat mit ihrem Start-up Boenka eine Lösung gefunden. Kaffeenerds aufgepasst!

Digital Desk: Hanna Helder (hahe)

Stuttgart - Der (Filter-)Kaffee am Morgen gehört bei Gianna – und damit ist sie wahrscheinlich nicht allein – zum Pflichtprogramm. Auch, wenn sie dafür manchmal ein Kissen auf die lärmende Kaffeemühle pressen muss, um ihre Mitbewohner in ihrer WG in Vaihingen nicht aufzuwecken.

 

Allerdings geht es Gianna dabei weniger um den Koffeinschub, als um den Geschmack der verschiedenen Kaffeesorten: „Wenn ich aufstehe, freue mich schon darauf, den Kaffee auszusuchen“ – bei rund 30 angesammelten Sorten im Küchenregal keine leichte Entscheidung.

„Natürlich war dann auch mal ein Kaffee dabei, der mir einfach nicht so gut geschmeckt hat.“ Wer bei der Kaffeewahl auch gern experimentierfreudig ist, kennt vielleicht das Problem: Es geht ins Geld und irgendwann stehen die 250 Gramm-Packungen angebrochen herum. Im Gegensatz zu einem guten Rotwein werden die braunen Bohnen aber leider mit der Zeit nicht besser, sondern sind ein Frischeprodukt.

Jede gute Idee fängt mit einem Problem an

Wie bei den meisten Start-ups fing auch Boenka, übrigens ein Wortspiel aus den schwedischen Begriffen Böna (Bohne) und Kaffe (Kaffee), mit einem Problem an: Wie kann ich neue Kaffeesorten ausprobieren, ohne darauf sitzen zu bleiben und den Geldbeutel zu plündern? Die Antwort ist easy, aber vor allem so gut: Mit verschiedenen Sorten unterschiedlicher Röstereien in kleinen Mengen – und genau das beinhalten die Boxen von Boenka.

Im November letzten Jahres ging Box Nr.1 raus, wie alle nachfolgenden Boxen auf Filterkaffee spezialisiert. Mit dabei waren Sorten der Röstereien Mókuska aus Stuttgart (klar, oder?), BlackBird Coffee aus Leinfelden-Echterdingen, 5 Senses Coffee aus Freiburg und Suedhang aus Tübingen. „Die erste Box lief echt gut. Zum einen durch Familie und Freunde, aber auch durch das Weihnachtsgeschäft“, erzählt Gianna. Seit kurzem gibt es schon die vierte Box, bei der wieder neue Röstereien aus ganz Deutschland mit dabei sind.

Wenn eine Sorte also mal nicht schmeckt, ist nichts verloren. Und anders herum: Durch die Auswahl lernt man womöglich eine Geschmacksrichtung oder eine Rösterei kennen, die man sonst nie gefunden hätte. Genau das ist Giannas Ziel mit Boenka: das Probiererlebnis zu den Leuten nach Hause zu bringen, ihnen neue Röstereien und Geschmacksrichtungen zu zeigen. Und die Aufklärung, dass es sich lohnt, auch mal ein bisschen mehr Geld in die Hand zu nehmen, dass dann auch bei den richtigen Leuten ankommt.

Ganz ohne Starthilfe geht es nicht

Für ihr Studium an der Hochschule der Medien zog es die gebürtige Berlinerin vor etwa fünf Jahren nach Stuttgart. Durch die Uni saß bei Gianna das theoretische Know-how, wie man so ein Projekt angeht. Zumindest mehr oder weniger: „Klar ist es sinnvoll, einen Plan im Hinterkopf zu haben. Aber letztendlich ist es der beste Weg einfach mit den Leuten zu quatschen.“

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Eine größere Starthilfe als das Uni-Wissen war ihr Nebenjob im Mókuska Café im Stuttgarter Westen. Das Mókuska beliefert einige Cafés der Stadt mit seinen duftenden Kaffeesorten, zum Beispiel das neue Non-Profit Café Natan, die Metzgerei oder das Café Gustav. Dadurch hatte Gianna bereits einen Fuß in das Netzwerk der Kaffeebranche gesetzt und sich auch das nötige Wissen über Specialty Coffee angeeignet, denn etwas Anderes kommt bei Boenka wortwörtlich nicht in die Tüte.

Was ist Specialty Coffee?

Specialty Coffee kann sich nicht jeder Kaffee einfach nennen – es ist sozusagen die Königsklasse in der Szene. Der Begriff ist zwar nicht geschützt, steht aber für einen gewissen Qualitätsstandard. Die Specialty Coffee Association, kurz SCA, hat die Qualitätsmerkmale für den Rohkaffee festgelegt und ein Bewertungssystem dazu entwickelt. Eigentlich geht es also um die Qualität der Rohbohnen, letztendlich sind aber auch eine schonende Röstung und die Zubereitung entscheidend.

Von Latte Art zum Specialty Coffee

Die Liebe zum Kaffee kam bei Gianna nicht durch ein konkretes Ereignis, sondern war ein jahrelanger Prozess: Der erste Job in einem Berliner Café, wo sie Latte Art kennenlernte, ein Kaffeebuch als Geschenk von ihren Eltern, lange Gespräche über Kaffee in den Cafés von Köln oder auch die Kaffeekultur in Neuseeland, die sie während ihres Auslandsemesters kennenlernte, brachten sie zum Specialty Coffee.

„Selbst zu rösten ist aktuell gar nicht mein Ziel.“ Aber irgendwann will Gianna sich den Traum von einem eigenen Café erfüllen – wo sie die Mühle dann auch ganz ohne Kissen laufen lassen kann.