Hat Baden-Württemberg im Vergleich mit den großen Start-up-Zentren der Welt ganz eigene Stärken zu bieten? Diese Frage haben sich Investoren, Banker und Vertreter von Start-ups in der diesjährigen Steinbeis-Finanzierungsarena gestellt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Die Frage, die in der dritten Runde der Finanzierungsarena der Steinbeis-Stiftung in Stuttgart kontrovers diskutiert wurde, ist in Baden-Württemberg ein Dauerbrenner: Sollte sich das Land bei der Gründerkultur eine Scheibe wenn schon nicht vom Silicon Valley, dann wenigstens von der Start-up-Metropole Berlin abschneiden? Dort laufen risikobereite Investoren jeder halbwegs brauchbaren Idee hinterher. Und wenn etwas schiefgeht, ist es halb so schlimm.

 

Oder hat das Land seine eigenen Stärken, die viel zu oft vergessen werden? Dazu gehören technologische Kompetenz, solide, langfristige Planung und ein kulturell tief verankertes Misstrauen gegen Hirngespinste. Die veranstaltende, dem Technologietransfer verschriebene Steinbeis-Stiftung hatte dies unter das provokative Motto gestellt: „Das Geld ist da – wo bleiben die passenden Ideen?“

Ist die vermeintliche fehlende „Kultur des Scheiterns“ ein Klischee?

Zu den Verteidigern der südwestdeutschen Gründerkultur gehörte Alex von Frankenberg, der Geschäftsführer des deutschen High-Tech Gründerfonds, an dem auch große Firmen aus dem Land beteiligt sind. „Der Slogan vom kreativen Scheitern ist ein Klischee“, sagte er: „Viele unserer Antragssteller haben kein sinnvolles Geschäftsmodell. Die bekommen zu Recht kein Geld.“ Auch Christine Gysin-Rosenberger, Bereichsleiterin der L-Bank, zu deren Auftrag die Gründerförderung gehört, verteidigte die Banken gegen den Vorwurf der Risikoscheu: „Wir haben andere Anforderungen als ein Investor. Der riskiert sein eigenes Geld. Als Bank verwalte ich das Geld der Sparer und Aktionäre.“

Den Kontrapunkt formulierte Axel Wittig, von der 2008 mitten in der Finanzkrise gegründeten, oberschwäbischen Werkzeugmaschinenfabrik Webo: „Das ist ein sehr enges Korsett und ein sehr konservativer Ansatz für die Zukunft.“ Die Banken sollten einen Prozentsatz ihrer Investments als Spielgeld mit höherem Risiko, aber auch größeren Chancen betrachten. Kapital sei für die Technologiegründungen in Baden-Württemberg wichtiger als im Softwarebereich: „Um zu starten, haben wir 1,5 Millionen Euro für Werkzeuge gebraucht.“ Ohne ein von allen Beteiligten, auch den Banken mitgetragenes, kreatives Modell, bei dem die Kredite nach Auftragseingang Schritt um Schritt freigegeben wurden, hätte die – inzwischen mit dem Deutschen Gründerpreis ausgezeichnete – Geschäftsidee nie geklappt.

Eine Lanze für die Banken

Thomas Villinger vom Zukunftsfonds Heilbronn, der Risikokapitalgeber und Start-ups zusammenbringt, brach hingegen eine Lanze für die Banken: „Die Banken haben ihre Rolle erst später in der Unternehmensentwicklung. Unsere Kapitalszene im Land ist exzellent.“ Es gebe immer mehr mittelständische Firmen, die Kapital zur Seite legten, um in Start-ups zu investieren. Berlin mache die Show, aber Baden-Württemberg habe das Geld. Guy Selbherr, der Geschäftsführer der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft und der Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, sah es differenziert: „Uns würde im Land eigentlich der größte Risikokapitalfonds in Deutschland gut zu Gesicht sehen. Doch der ist – ich muss es leider sagen – in Bayern.“ Den habe die dortige Landesregierung mithilfe von Privatisierungserlösen aufgebaut.

Der einzige Gründer unter den Diskutanten, Eleftherios Hatziioannu vom Stuttgarter Start-up Smoope, das eine Kommunikationsplattform für den Kundenservice von Firmen anbietet, nannte die Entscheidung, im Land zu bleiben, absolut richtig: „Wenn Sie sich an Firmenkunden richten, gibt es keinen besseren Standort.“ Das Problem sei eher, dass die Stärken des Landes nicht genug nach außen kommuniziert würden. „Es gibt auch zu viele, die ihr eigenes Süppchen kochen“, sagte er: „Wir sind anders. Wir sollten von anderen Gründer-Ökosystemen lernen, aber unseren eigenen Weg gehen.“ Und der an der Debatte teilnehmende Uhinger Steuerberater Heinz Liebrich formulierte das Fazit so: „Wir sollten einfach weniger jammern.“