Nicht jeder in urbanen Gefilden besitzt einen Kräutergarten. Ein Start-up aus dem Raum Böblingen hat eine Box entwickelt, mit der Hobbygärtner auch ohne Sonnenlicht auf ihre Kosten kommen sollen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Böblingen - Der Traum vom eigenen Garten dürfte vielen, die in der Stadt wohnen, aus Platzmangel verwehrt bleiben. Darüber ist man sich offenbar auch in Rutesheim und Heimsheim im Klaren, zwei Orten im Landkreis Böblingen, die zusammen kaum mehr als 15 000 Einwohner beheimaten und wo es viele Gärten gibt. Hier leben Soeren Schahn und Erik Schradi, die das Start-up-Unternehmen Green You auf die Beine gestellt und ein Gewächshaus im Wohnzimmerformat entwickelt haben.

 

„Wir sind überzeugt, dass es viele Menschen mit Stadtwohnungen und einem grünen Daumen gibt“, sagt Schradi. Da liegt er womöglich richtig – und schließlich zieht es ja auch immer mehr Leute in die Stadt. Aber die Technologie, die in einem Gewächshaus steckt, auf eine 70 mal 37 Zentimenter große Box runterzuskalieren, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. So anspruchsvoll, dass die Idee von Green You fast gescheitert wäre.

Eigentlich startete das Projekt bereits 2014: Soeren Schahn, damals wie heute BWL-Student, dachte sich wohl, ein kleiner Garten in der Studentenbude, das wäre doch fein. Doch dann gab es Probleme mit der Produktion, das Projekt lag auf Eis. Bis Erik Schradi aus dem Nachbarort im Internet auf das Miniaturgewächshaus aufmerksam wurde, den Kontakt zu Schahn suchte und schließlich 2016 in die Firma einstieg.Schradi, hauptberuflich im Webmarketing tätig und mit guten Kontakten zu einem innovativen Designbüro in Norwegen ausgestattet, gelang es, die Produktion mit neuen Partnern wieder anzustoßen. Jetzt liegen die ersten paar Hundert Gewächsboxen in neuem Design in einem Lagerraum. Die Gründer hoffen, sie für 390 Euro das Stück verkaufen zu können – wenn es Winter wird. „Das Weihnachtsgeschäft spielt für uns eine wichtige Rolle“, sagt Schradi. Denn im Winter, so hofft er, werden nicht nur Stadtmenschen gärtnern wollen, sondern auch diejenigen, die zum Beispiel Pflanzen für den Frühling vorziehen wollen.

Die ersten paar Hundert Boxen sind fertig

Weitere Zielgruppen von Green You sind Senioren, das Gastgewerbe sowie Kindergärten und Schulen, wo die Boxen als Lehrobjekte dienen könnten. „In der Gastronomie gibt es zum Beispiel den Bedarf nach frischen Kräutern für Cocktails“, sagt Schradi. Außerdem verbreite die Box „ein angenehmes Stimmungslicht“. Dieses kommt aus LED-Strahlern, die ein violettes Farbspektrum abdecken. „Es ist so optimiert, dass es für die Pflanzen, die wir getestet haben, sogar besser ist als das Sonnenlicht“, sagt Erik Schradi. Besonders gut gedeihen unter den Wachstumslampen, die dank der LEDs auch stromsparend sein sollen, Chili, Basilikum, Dill, Kresse, Lavendel oder Minze – wie in einem richtigen Kräutergarten eben. Auch die Technik, die von unten kommt, ist innovativ: Die Gründer empfehlen, Bio-Erde zu verwenden, die durch einen Kapillareffekt bewässert wird. „Dadurch muss man auch nicht so häufig gießen“, sagt Schradi.

Die LEDs sind stromsparend

Noch arbeiten Soeren Schahn und Erik Schradi vom Home-Office aus, unterstützt von einem Vertriebsmitarbeiter. Dabei soll die Produktpalette, wenn das Weihnachtsgeschäft hält, was die Gründer sich erhoffen, schon bald größer werden. „Wir wollen noch kleinere Produkte herstellen, aber auch Lösungen für Büros anbieten. Außerdem ist der Bereich Vertical Farming für uns spannend“, sagt Schradi. Mit Grün in die Vertikale zu gehen ist auch bei Stadtentwicklern ein aktuelles Thema. Bei dieser Form der urbanen Landwirtschaft werden zum Beispiel Fassaden von Gebäuden begrünt oder bepflanzt.

Anders als viele Start-up-Unternehmen setzen die Gründer von Green You nicht so sehr auf Investorenkapital. „Die aktuelle Finanzierung stemmen wir mit einem Privatkredit“, sagt Schradi. Er sei auch nicht besonders tief in der Start-up-Szene verwurzelt. „Da geht es ja häufiger um technische oder digitale Speziallösungen“, so der Gründer weiter. Dafür würden sich etwas Grün und ein paar Kräuter vermutlich nicht schlecht in einigen von diesen urbanen Technik-Start-up-Büros machen.