Zwei Ingenieure in Israel wollten einen Wagen bauen, der in einen Koffer passt. Aber er wäre nicht sicher genug geworden. Jetzt entwickeln sie ein Auto, das beim Parken so breit ist wie ein Motorrad und beim Fahren so breit wie ein Auto.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Tel Aviv - Die kleine Halle, aus der Asaf Formoza und Gideon Goldwine die Autoindustrie aufmischen wollen, ist nicht leicht zu finden – und sie sieht nicht danach aus, als würde von hier eine Revolution ausgehen. Das Gelände am Rande der Ortschaft Hagor, auf dem die beiden Israelis ihre Firma „City Transformer“ betreiben, liegt rund 25 Kilometer nordöstlich von Tel Aviv. Es ist eine Ansammlung von Werkstätten und Garagen, die alle deutliche Gebrauchsspuren aufweisen.

 

Unter einem Wellblechdach staubt neben anderen Autos ein Mercedes aus den 90er Jahren ein. Auf dem Hof steht ein verdrecktes Rallye-Fahrzeug, das gerade erst von einem Querfeldeinrennen in der Negev-Wüste zurückgekommen ist. In der Halle von „City-Transformer“, nicht größer als ein halbes Basketball-Feld, dient ein Ensemble aus altem Sofa, abgenutzten Bürostühlen und ehemaligem Esszimmertisch als Konferenzzone. Doch der Anspruch der beiden Jungunternehmer, die hier ihre Gäste empfangen, ist hoch: „Wir versuchen“, sagt Goldwine, „das Auto neu zu erfinden.“

Der Name geht auf eine US-Science-Fiction-Serie zurück

Ihr Firmenname spielt auf die amerikanische Science-Fiction-Serie „Transformers“ an, in der intelligente Roboter vom Planeten Cybertron die Hauptrolle spielen. Sie sind in der Lage, ihre Körper in andere Formen zu verwandeln. Das ist auch die Grundidee hinter „City Transformer“: ein Auto mit vier Rädern verändert sich auf Knopfdruck in ein Fahrzeug von der Breite eines Motorrads – wie bei einer Ziehharmonika. Die Verwandlung findet bei langsamer Fahrt per Knopfdruck statt, kurz vor und kurz nach dem Einparken. 1,60 Meter Breite hat das Fahrzeug in ausgefahrenem Zustand. Dann schieben sich im Boden zwei Platten, an denen auch die Räder befestigt sind, zu einem Meter Breite zusammen – und wieder auseinander. Das Fahrerhaus, in dem zwei Personen hintereinander sitzen können, bleibt dabei unverändert.

„Das Fahrzeug kombiniert die Größe eines Motorrads mit dem Komfort eines Autos“, preist Formoza das Konzept. Im zusammengeklappten Zustand braucht das Vehikel tatsächlich nur wenig Raum – und eröffnet damit neue Perspektiven für geplagte Stadtbewohner, die dringend einen Parkplatz suchen. „Auf der Fläche eines normalen Autos bringen wir vier City Transformer unter“, schwärmt Formoza. „Was für eine Perspektive für Stadtplaner!“

Ihre Parkplatznot hat den Entwicklern die Idee beschert

Die Start-up-Unternehmer, beide promovierte Ingenieure, kamen auf ihr Konzept aus eigenem Leidensdruck: der Parkplatznot in der Metropolregion Tel Aviv. „Unsere erste Idee war, ein Auto zu bauen, das in einen Koffer passt. Das man dann mit ins Büro nehmen kann“, berichtet Goldwine. „Aber so kann man kein Auto konstruieren, das sicher genug für den Straßenverkehr ist.“ Dann kamen sie auf die Kombination aus Motorrad und Auto.

Angetrieben wird das Fahrzeug durch einen Elektromotor. Die Batterie sitzt im beweglichen Boden, eine Ladung soll für 150 Kilometer reichen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 90 Stundenkilometer. „Ein kleines Auto ist in der Stadt mehr als genug“, sagt Formoza. Laut Statistik würden die allermeisten Stadtfahrten sowieso von einem Autoinsassen allein bestritten.

Ein französischer Autobauer hatte eine ähnliche Idee

Der französische Automobilkonzern Renault baut seit 2011 ein Elektroauto unter dem Namen „Twizy“, in dem ebenfalls zwei Sitzplätze hintereinander angeordnet sind und die vier Räder nicht von der Karosserie ummantelt sind. Allerdings ist die Achsbreite mit rund 1,60 Meter starr. Twizy braucht deshalb so viel Parkraum wie ein normales Auto. „Wir glauben, unser Transformer ist besser als Twizy“, sagt Formoza.

Während ein normaler Mittelklassewagen aus rund 20 000 Teilen zusammengesetzt sei, solle der „Transformer“ aus lediglich tausend Teilen bestehen. „Man braucht keine Fertigungsstraße, um das zu bauen“, verspricht Formoza. Die Montage soll so einfach sein, dass die Firma nur Module vorfertigt, im Empfängerland oder beim Verkäufer vor Ort wird das Fahrzeug dann zusammengesetzt. Drei Profis würden das binnen eines Tages schaffen. Die Israelis denken darüber nach, ihr Fahrzeug nicht über den klassischen Autohandel, sondern über Fahrrad-Läden zu vertreiben. „Das sind Leute“, so Goldwine, „die sich mit dem Zusammenschrauben bestens auskennen.“

Der Wagen soll anfangs 8000 Euro kosten

Bisher gibt es das Fahrzeug nur auf dem Reißbrett. Drei Jahre würde es noch dauern, Marktreife zu erreichen. Der Preis soll anfangs bei 10 000 US-Dollar (8000 Euro), später bei 8000 Dollar (6500 Euro) liegen. Mit zunächst 150 Fahrzeugen wollen die Israelis in den Markt gehen. Die Investitionskosten eines solchen „Light Cars“ sind im Vergleich mit klassischen Autos niedrig, rund zehn Millionen Dollar müssten vorfinanziert werden. Das Sechs-Mann-Team von „City Transformer“ sucht dafür Investoren oder Partner, die das Fahrzeug mit eigenem Design oder Modifikationen in ihr Programm aufnehmen wollen.

Die Israelis haben ihr Auto bei Daimler und BMW vorgestellt

Bei Daimler in Stuttgart haben sie ihr Konzept bereits vorgestellt, auch bei BMW in München waren sie. „Sie mochten die Idee“, sagt Formoza. Während die Bayern am Ende abwinkten, weil sie mit ihren Elektrofahrzeugen eine andere Strategie verfolgen, steht eine endgültige Antwort der Schwaben noch aus. „Mal sehen, was passiert“, sagt Formoza und lächelt. „Es ist eine große Firma, da dauert es . . .“

Eine andere Rückmeldung in Tel Aviv gibt ihm allerdings Zuversicht: Der israelische Carsharing-Anbieter Car2go habe starkes Interesse signalisiert. „Sie wollen 300 Fahrzeuge abnehmen, wenn wir so weit sind mit der Produktion.“