Pakadoo, ein konzerninternes Startup der LGI Logistics Group aus Herrenberg, will die Verteilung privater Pakete von Mitarbeitern in Unternehmen möglich machen. Aus einem Graubereich wird so ein Geschäftsmodell.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Herrenberg - Die letzte Meile ist immer noch das größte und vertrackteste Problem des Onlinehandels. Pakadoo-Gründer und „Erfinder“ Kris Van Lancker, wie er sich auf seiner Visitenkarte nennt, ist selber nicht der typische Online-Kunde. „Zuhause bestellt eher meine Frau“, sagt er. Doch auch er hat immer wieder erlebt, wie Pakete, die angeblich beim Nachbarn zugestellt wurden, am Ende verschollen blieben. Seine Idee: „Die Hälfte der Bevölkerung hält sich unter der Woche tagsüber an ihrem Arbeitsplatz auf. Warum also nicht die Pakete dorthin liefern lassen?“

 

Herausgekommen ist Pakadoo, eine App und daran gekoppeltes Logistiksystem, die es Arbeitgebern erlauben, Privatpakete mit minimalem Aufwand parallel zur Geschäftspost entgegenzunehmen und an die Mitarbeiter zu verteilen. Pakadoo will die Arbeitsschritte vom Einscannen bis zur Ausgabe möglichst einfach machen. Die Mitarbeiter und die Unternehmen bezahlen nichts dafür. Die Einnahmen stammen von den Paketdienstleistern, die das Ganze wie bei einem Paketshop mit Provisionen honorieren.

Pakadoo spart den Paketauslieferern Kosten

„Das Besondere an uns ist, dass wir nicht an einen einzigen Paketdienst gebunden sind“, sagt Van Lancker. Jedes Paket, das gebündelt an einer firmeninternen Poststelle landet, bedeutet eine – manchmal schwer zustellbare – Fuhre im Wohngebiet weniger. Die Arbeitgeber zahlen nur etwas, wenn sie eine Paketbox zur Selbstabholung aufstellen möchten.

Doch wie ist es mit dem zusätzlichen Aufwand für die Poststelle durch die Privatpakete? Pakadoo hat nicht nur im Management der Unternehmen Überzeugungsarbeit leisten müssen. Anfangs habe es auch bei den Poststellen durchaus zwiespältige Reaktionen gegeben, räumt Van Lancker ein. Denn so rationell das Pakadoo-System sein soll: Für die Mitarbeiter bei der Postannahme im Unternehmen bedeutet es zusätzlichen Aufwand. Ob und wie eine Firma den ausgleicht, liegt in deren Ermessen.

Es habe aber von den Mitarbeitern der Poststellen auch die gegenteilige Reaktion gegeben, sagt der Gründer: „Dort sieht man, dass die zu verarbeitende Post immer weniger wird. Die Auslieferung von Privatpaketen kann man als Arbeitsplatzsicherung verstehen.“

Für die Firmen ist es eine Grauzone weniger

Die Pakadoo-Werbung spricht davon, dass sich so mit kleinem Aufwand die Mitarbeiterzufriedenheit steigern lasse. Doch letztlich lebt man davon, dass das System eine Grauzone transparent macht. Denn schon heute landet in den Firmen eine wachsende Zahl von privat bestellten Paketen auf den Schreibtischen. Im Rahmen des Pakadoo-Systems kann aber nun festgelegt werden, dass Pakete nur noch zu bestimmten Zeiten, etwa in der Pause oder nach Dienstschluss abgeholt werden dürfen. Pilotkunden hätten mit einer solchen Systematisierung eines früher unregulierten Bereichs Kosten gespart, sagt der Programm-Manager Christian Paechter.

Bisher arbeiten im Rahmen des Pilotangebots 200 Firmen-Poststellen in Deutschland mit dem System, die 130 000 Mitarbeiter betreuen. Dabei sind Großkonzerne wie die Deutsche Bahn mit mehreren Standorten oder Mittelständler wie der Waagenproduzent Bizerba. Vom kommenden Jahr an will Pakadoo regulär auf den Markt – auch in anderen europäischen Ländern.

Für die Muttergesellschaft ist das konzerninterne Start-up, das bisher noch keine schwarzen Zahlen schreibt, auch ein Testfall für neue Wege zur Innovation. „Ich habe eine Weile versucht, es nebenher zu starten. Aber wenn man einen Schuh daraus machen will, muss man voll einsteigen“, sagt Van Lancker. Aus einer bei einem Workshop geborenen Idee wurde ein Start-up, das inzwischen 14 Mitarbeiter beschäftigt, vor allem im Vertrieb.

Pakadoo geht in ein völlig neues Marktsegment

Das Marktsegment der Lieferungen an Verbraucher und nicht an Firmenkunden ist für das Mutterunternehmen LGI Logistics ebenso neu, wie die flexiblen Entscheidungswege und das völlig andere Marketing des konzerninternen Start-ups. Doch ein Unternehmer, wie er es einmal werden wollte, ist Van Lancker damit bisher nicht. „Ich bin weiterhin Angestellter“, sagt er. Pakadoo wird noch wie ein Geschäftsbereich betrachtet. Diese hybride Form ist typisch für die so genannten „Corporate Start-ups“ wie sie in der baden-württembergischen Wirtschaft inzwischen auch beim Mittelstand immer populärer werden.

Moderne Start-up-Methoden oder externe Berater habe es für Pakadoo allerdings nicht gebraucht, sagt Programmanager Christian Paechter: „Wir sind ein schwäbisches Unternehmen. Wir machen das aus eigener Kraft.“