Hat Gregor Gysi als IM „Notar“ für die Stasi gearbeitet? Nein, sagt der Frontmann der Linkspartei. Wer steckt dann dahinter? Laut dem Magazin „Der Spiegel“ hat die Stasi den Spitzel mit diesem Decknamen 1985 sogar geehrt.

Berlin - In der Stasi-Unterlagen-Behörde sind laut „Spiegel“ bislang unbekannte Dokumente aufgetaucht, die Linksfraktionschef Gregor Gysi weiter unter Druck setzen könnten. Nach einer Stasi-Liste habe der Inoffizielle Mitarbeiter „Notar“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Februar 1985 eine Urkunde und eine Münze erhalten, meldet das Magazin.

 

Gysi bestreitet, „Notar“ gewesen zu sein. Er hat bislang stets erklärt, unter diesem Namen habe die Stasi offenbar Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Die stellvertretende Parteisprecherin Marion Heinrich betonte am Sonntag in Berlin: „Gregor Gysi hat nie irgendwelche Geschenke, Auszeichnungen, Urkunden, Orden oder Geld vom MfS erhalten.“

Der Staatsanwalt ermittelt

Nach Einschätzung des „Spiegels“ ist das nun aufgetauchte Dokument allerdings ein Indiz dafür, dass sich hinter dem Decknamen „Notar“ tatsächlich eine konkrete Person verbirgt. Die Stasi habe dem IM die Auszeichnung zum 35. Jahrestag der Stasi-Gründung als „Zeichen des äußeren Dankes für die große Unterstützung bei der Durchführung der uns von Partei und Staatsführung gestellten Aufgabe“ verliehen. Unterzeichnet sei die Urkunde von Stasi-Minister Erich Mielke.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Vorwurfs einer falschen eidesstattlichen Versicherung gegen Gysi. Dabei geht es um die Frage, ob er als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet hat oder nicht. Gysi räumt zwar Kontakte zur Stasi ein, bestreitet aber, dass er als Spitzel wissentlich oder willentlich Informationen über Mandaten oder andere Personen an die Stasi weitergegeben hat.

Ein Wahlkampfmanöver?

Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ soll sich Gysi noch am 12. Oktober 1989, drei Tage nach der großen Montagsdemonstration in Leipzig, mit dem Stasi-Leutnant Uwe Berger getroffen haben. Die Bundestagsfraktion der Linken habe dagegen vor einer Woche erklärt, Gysi habe sich zuletzt am 16. Februar 1989 mit Berger und einem weiteren hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS getroffen, berichtete das Blatt. Parteisprecherin Heinrich erklärte dazu, die Linke müsse erst im Besitz der Dokumente sein, bevor sie sich dazu äußern könne.

Der pensionierte Richter, der das Ermittlungsverfahren gegen Gysi ins Rollen gebracht hatte, verwahrte sich gegen den Vorwurf wahltaktischer Motive. Die Strafanzeige habe er bereits im Mai 2012 an die Staatsanwaltschaft Berlin geschickt, sagte der Jurist, der nicht namentlich genannt werden möchte, dem Magazin „Focus“. „Schon an diesem Ablauf kann man sehen, dass es mit Wahlkampf nichts zu tun hat.“