Um die Nacht und ihre Verbündeten dreht sich das aktuelle Stück des Theaters Rietenau. Bei dem Stationentheater „Hundsnächte“ wandert das Publikum durch den Ort und trifft beispielsweise Gevatter Tod, aber auch die Betreiberin des legendären Strip-Lokals Rififi-Club.

Aspach - Normalerweise gilt für diesen verwunschen wirkenden Ort die Devise: „Betreten verboten“. Denn die Zeiten, in denen erholungssuchende Kurgäste durch den Park des einstigen Badeorts Aspach-Rietenau flanierten, sind längst passé. Im Jahr 1956 ist der Kurbetrieb in Rietenau eingestellt worden. Ende Juli aber wird das sonst gut verschlossene Gelände für drei Abende zur Bühne: Das etwa 20-köpfige Theater Rietenau, eine von den dort ansässigen Theaterpädagogen Lea und Rolf Butsch ins Leben gerufene, ambitionierte Amateurtruppe, hat den verlassenen Park als einen Spielort für sein Stationentheater „Hundsnächte“ auserkoren. Dieses wandert während des Theaterabends durch das idyllische Örtchen.

 

Rififi-Club hatte „einen Ruf wie Donnerhall“

Für die rund 600 Gäste, die zu den drei Vorstellungen erwartet werden, haben die Theaterleute im Badpark schon schmale Wege in die hüfthoch wuchernde Blumenwiese gemäht. Sie wird Schauplatz sein für die Szene „Eros im Wandel der Zeit“. Vier Frauen erzählen darin von ihrem Leben – und weil sie alle längst unter der Erde sind, plaudern sie ganz ungeniert aus dem Nähkästchen. Das Clärle, alias Madame Claire zum Beispiel, im Quartett ist sie die „pikanteste Dame“, wie es Rolf Butsch elegant formuliert. Die Figur selbst ist zwar eine Erfindung der Autorin Lea Butsch, doch den Backnanger Strip-Club Rififi, den sie im Theaterstück leitet, den hat es in den 1960er- und 1970er-Jahren tatsächlich einmal gegeben. „Der Rififi-Club hatte einen Ruf wie Donnerhall“, sagt Rolf Butsch: „die Gäste sind damals sogar aus Frankfurt hergekommen.“

Lea Butsch lässt ihr Stück „Hundsnächte“ um die Nacht und alles, was sie so mit sich bringen kann, kreisen: Liebe und Schmerz, Streit und Sehnsucht, Tod und Träume. Und so hat der Sensenmann ebenso seinen Auftritt wie die Sexclub-Besitzerin, die Hippie-Frau oder ein unsterblich verliebter Jüngling. An den Theaterabenden erwartet das Publikum folglich auch eine bunte Musikmischung – vom rockigen Patti-Smith-Song über Offenbachs Barcarole, begleitet von zarten Harfenklängen, bis zum Gassenhauer „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“.

Lichtinstallation als Zeitpuffer

So ziemlich das ganze Dorf macht mit beim Freiluft-Theater: Der Heimat- und Kulturverein übernimmt die Bewirtung, die rund 20-köpfige Rietenauer Kantorei sorgt für Gesang, und etliche Anwohner stellen ihr Privatgrundstück als Kulisse zur Verfügung. „Wir sind gut akzeptiert und manche freuen sich sogar ein bissle, dass wir bei ihnen spielen“, sagt Rolf Butsch. Es soll sogar Rietenauer geben, die eigens für den Theatersommer ihre Fensterscheiben blank putzen.

Andere betätigen sich als „Reiseleiter“, welche die Zuschauer in Gruppen von einer Theaterstation zur nächsten führen. „Die große logistische Herausforderung ist, dass es nicht zu Staus kommt“, sagt Lea Butsch. Weil nicht jede Szene gleich lang geworden ist, musste sie noch die ein oder andere Station als Puffer einbauen, die für sich schon ein Erlebnis sein dürfte: ein Tango tanzendes Paar in einer Remise gehört etwa dazu – oder eine Installation mit Nordlichtern unter dem Titel „Aurora Borealis“.

Alle Kulturschaffenden machen mit

„Wir wollten wieder einmal etwas Großes machen und bieten alles auf, was Rietenau an Kulturschaffenden zu bieten hat“, sagt Lea Butsch über die bevorstehenden „Hundsnächte“. Letztere hat sie kurzerhand erdacht – in Anlehnung an die Hundstage, welche als die heißesten Sommertage gelten, von Ende Juli bis Ende August gehen und nach dem Sternbild Großer Hund benannt sind. Erfunden sind auch die Personen im Stück, aber, so betont Lea Butsch: „Es könnte alles passiert sein.“ Die Szenen für das Stück hat sie passenderweise zu nächtlicher Stunde aufgeschrieben, was aber nichts mit dem diesjährigen Titel zu tun hat: „Ich bin ein echter Nachtarbeiter.“

Knapp zwei Stunden dauert das Stück, bei dem man keine lange Wegstrecke zurücklegen muss, gutes Schuhwerk ist aber dennoch auf jeden Fall empfehlenswert. „An allen Stationen wird es einige wenige Möglichkeiten zum Sitzen geben“, verspricht Lea Butsch. Schließlich sollen auch jene, die nicht mehr ganz so gut zu Fuß sind, dabei sein können.

Drei Aufführungen im Ort