Wer war Claus Schenk Graf von Stauffenberg? Und wie nähert man sich heute dem Mann, der Adolf Hitler töten wollte? Mit neuer Konzeption versucht die Erinnerungsstätte Stauffenberg im Alten Schloss eine Antwort.

„Bis jetzt wusste ich nichts von einem Attentat auf Adolf Hitler, nichts von einem Graf von Stauffenberg“, sagt eine israelische Schülerin bei einem gemeinsamen Projekt mit Schülerinnen und Schülern aus dem Remstal. Die Auseinandersetzung mit dem Thema habe ihren „Blick auf Deutschland verändert“.

 

Kindheit im Alten Schloss

Wer war Claus Schenk Graf von Stauffenberg? Wer war der Mann, der als Kind des Oberhofmarschalls des württembergischen Königs im Alten Schloss in Stuttgart aufwuchs, im Eberhard-Ludwigs-Gymnasium zur Schule ging und kurz nach dem Abitur 1926 seine militärische Laufbahn bei der Reichswehr begann?

Wer war der Mann, der am 20. Juli 1944 im geheimen Führerhauptquartier Wolfsschanze Adolf Hitler töten wollte, einen Umsturz plante, um einen Neuanfang in Deutschland zu ermöglichen? „Es gibt nicht die eine Antwort, nicht das eine Bild“, sagt Paula Lutum-Lenger, Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg.

Wiedereröffnung mit freiem Eintritt

Wie aber ist dann eine zeitgerechte Annäherung an Claus Schenk Graf von Stauffenberg möglich? „Attentat.Stauffenberg“ heißt die Dauerausstellung, mit der das Haus der Geschichte an diesem Sonntag die Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Alten Schloss für das Publikum wiedereröffnet.

Raumskulptur und Mediennutzung treffen sich Foto: hdgbw

Betont digital zeigt sich die Schau, ein zentraler Medientisch ermöglicht es, den Ereignissen am 20. Juli 1944 aus unterschiedlichsten Perspektiven fast im Minutentakt zu folgen. „In all diesem“, sagt Paula Lutum-Lenger, „zeigt sich dieser Ort als ein neuer Typus Erinnerungsstätte, der das Zeigen durch Suchen, Forschen, Entdecken und selbst Gestalten ergänzt.“

„National bedeutsame Kultureinrichtung“

Die Konzeption hat auch die frühere Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), überzeugt. Die Bundesgelder machten die Erinnerungsstätte Stauffenberg zur „national bedeutsamen Kultureinrichtung“. „Erst die Unterstützung des Bundes hat uns die Umsetzung unserer Konzeption ermöglicht“, sagt Paula Lutum-Lenger. Diese zeigt sich als Puzzle, das die Besucherinnen und Besucher immer neu zusammensetzen können. „Attentat.Stauffenberg“ gibt nichts vor, versteht sich als Frageraum, ausgehend von jüngsten Forschungsständen etwa zum Netzwerk der am Umsturzversuch des 20. Juli 1944 Beteiligten. Vor allem auf eine Frage zielen die Verantwortlichen: „Was bedeutet das für mich?“ Und diese stellt sich, davon sind Lutum-Lenger und ihr Team überzeugt, „individuell immer wieder neu und sehr unterschiedlich“.

Gut 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die absehbar die Erinnerungsstätte Stauffenberg besuchen, haben einen Migrationshintergrund. Zum Teil aus Ländern, in denen Begriffe wie „Diktatur“ unter Strafe stehen. „Attentat.Stauffenberg“ vermeidet alle Zuschreibungen, alle Schubladen.

Was ist Demokratie?

Umgekehrt entsteht eine zweite zentrale Frage: „Was ist eigentlich Demokratie?“ Zum Beispiel, könnte man antworten, eine solche Erinnerungsstätte, eine solche Offenheit, zu wagen.

Der 20. Juli 1944 ist fast minütlich aus allen Blickwinkeln zu erleben Foto: hdgbw

Sinnbildlich für die Ereignisse am 20. Juli steht eine Raumskulptur, die ebenso die Zerstörung in der Wolfsschanze wie das Scheitern des Umsturzes und die Ermordung von Claus Schenk Graf von Stauffenberg noch am späten Abend spiegelt. Doch auch sie provoziert keine Ehrfurcht. Ein Monitor versperrt in Teilen den Blick auf die Szenerie, zu sehen ist ein Film über ein weiteres Schülerprojekt. Wieder werden Fragen gestellt – an polnische Jugendliche, an Bewohner des Gebiets um die einstige Wolfsschanze. Ein neues Bild entsteht, ein neues Teil im Puzzle „Attentat.Stauffenberg“ – in der Eröffnungswoche von 20. bis 27. November bei freiem Eintritt.

„Attentat.Stauffenberg“. Di bis So 10 bis 18 Uhr. Eintritt 2 Euro (Kinder und Schüler frei).