Das Stuttgarter Straßennetz ist an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt - gerade nach Unfällen wie am Donnerstag auf der A8 geht oft nichts mehr.  

Stuttgart - Auf den Straßen in und um Stuttgart staut sich der Verkehr ohnehin häufig und auf vielen Kilometern Länge, in dieser Woche geht es für die Berufspendler im gesamten Umland aber nur ganz besonders mühsam vorwärts. Montag und Dienstag waren geprägt vom Ausstand im öffentlichen Nahverkehr, der ein Vielfaches des sonstigen Verkehrsaufkommens und damit die ersten langen Staus am Morgen und am Abend zur Folge hatte. Und am Mittwoch liefen sämtliche Zufahrtsstraßen im abendlichen Berufsverkehr wegen eines auf der Autobahn liegen gebliebenen Lastwagens und mehrerer kleiner Unfälle voll.

 

Am Donnerstagmorgen kam der Berufsverkehr auf den Autobahnen, Bundesstraßen und Hauptachsen im Stadtgebiet dann erneut zeitweise komplett zum Erliegen. Grund diesmal war ein schwerer Unfall auf der A8 in Fahrtrichtung Karlsruhe, bei dem ein 24Jahre alter Straßenbauarbeiter von einem Lastwagen erfasst und dabei getötet wurde. Laut einem Sprecher der Polizeidirektion Böblingen hatte der Mann aus dem Kreis Biberach zusammen mit mehreren Kollegen etwa drei Kilometer vor dem Autobahnkreuz Stuttgart eine Nachtbaustelle abgebaut. Nach dem Abschluss der Arbeiten querte der 24-Jährige offenbar alleine die Fahrbahnen, um im Bereich der Mittelleitplanke die dort fest installierten elektronischen Warnschilder auszuschalten. Als er anschließend zurück über die Autobahn lief, wurde er auf der rechten Fahrspur von dem Lastwagen erfasst. Ein Notarzt bemühte sich noch, den jungen Mann zu reanimieren. Er erlag jedoch noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen.

Der Verkehr staute sich auf bis zu 20 Kilometer

Zum genauen Unfallhergang und der Ursache können die Ermittler noch keine abschließenden Angaben machen. "Die Untersuchungen laufen noch", sagt Polizeisprecher Frank Natterer. Der Arbeiter habe zwar orangfarbene Warnkleidung getragen, die Sichtverhältnisse bei Regen und Dunkelheit seien aber schlecht gewesen. Denkbar sei etwa, dass der Fahrer des Lastwagens zu schnell unterwegs oder übermüdet war. Zudem müsse geprüft werden, ob das Überqueren der Autobahn nicht hätte von einem Baustellenfahrzeug abgesichert werden müssen. Die betreffende Nachtbaustelle selbst steht vermutlich in Zusammenhang mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage, an der gerade zwischen dem Autobahndreieck Leonberg und der Anschlussstelle Wendlingen gebaut wird. Mit der Anlage, über die später etwa eine temporäre Seitenstreifenfreigabe möglich ist, sollen Verkehrsfluss und Sicherheit auf dem viel befahrenen Teilstück verbessert werden.

Nach dem Unfall am Donnerstag staute sich der Verkehr auf der A8 in beiden Richtungen auf bis zu 20 Kilometer Länge. Als Folge, weil viele Pendler sich einen anderen Weg suchten, waren auch die Umleitungsrouten und Ausfallstraßen völlig überlastet. Davon betroffen war allen voran die Neue Weinsteige, aber auch auf der Karl-Kloß-Straße zwischen Degerloch und dem Westen und der Nord-Süd-Straße drehte sich zeitweise wie im gesamten Bereich Vaihingen und Möhringen kaum noch ein Rad.

Zum Verkehrschaos kommt es auf Stuttgarts Straßen in solchen Fällen deshalb so schnell, weil die Straßen die Masse an Fahrzeugen schon im Normalbetrieb kaum aufnehmen können. Alleine durch den Heslacher Tunnel rollen jeden Tag mehr als 50.000 Fahrzeuge. Insgesamt fahren täglich mehr als 400.000 Fahrzeuge über die Stuttgarter Markungsgrenze - morgens und abends. Zusammen mit dem innerstädtischen Verkehr würden mehr als eine Million Fahrten zusammenkommen, sagt Ralf Thomas, Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale. Durch intelligente Lenkung könne man die Leistungsfähigkeit der Straßen zwar erhöhen, aber höchstens um ein einige Prozent. Das Stuttgarter Straßennetz sei an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit, so Thomas: "Der kleinste Zwischenfall kann zum Kollaps führen."

Zugriff auf 800 Ampeln

Leitstelle: Die Integrierte Verkehrsleitzentrale (ILVZ) in Bad Cannstatt ist 2006 zur Fußball-WM in Betrieb genommen worden. Bisher hat die Stadt rund zwölf Millionen Euro investiert, der Ausbau ist aber noch nicht abgeschlossen. So müssen noch weitere Messschleifen und Kameras installiert werden, vor allem im Süden.

Steuerung: Die Informationen über die Verkehrslage werden von der Polizei, dem Ordnungsamt, dem Tiefbauamt und der SSB gesammelt. Die Operatoren haben Zugriff auf rund 800 Ampelanlagen, die je nach Tageszeit anders geschaltet sind. Bei Störungen greifen die Planer ein und versuchen, den Verkehr etwa mit variablen Grünphasen zu steuern. Zudem gibt es Notfallpläne für diverse Szenarien.