Im Dezember wird der Perkins Park vierzig und hofft, dann wieder feiern zu können. In der Stay-at-home-Challenge der Clubs drehen sich die Erinnerungen mit der Discokugel um „Er gehört zu mir“ und den knutschenden Boris Becker.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Bitterkalt war’s am 4. Dezember 1980, als Schneestürme über den Killesberg niedergingen und das schicke Premierenpublikum bibbernd bis runter auf die Straße stand. „Nobelclub“ nannte man damals den Perkins Park. Obendrein war die Farbe der Möbel noch nicht trocken, weshalb grüne Streifen auf Anzügen und Abendkleidern an eine rauschende Eröffnungsparty erinnerten, von der damals ganz Stuttgart sprach.

 

Ein neues Zeitalter hatte in dem monumentalen, zur Reichsgartenschau erbauten Gebäude hoch über dem Talkessel begonnen. Perkins? Wer weiß schon, was Perkins sind? Alles ist bis heute verraucht! Anfang der 1980er wollte ein Tabakkonzern mit einer neuen Zigarette auf dem deutschen Markt landen und wählte für den Testlauf Stuttgart aus. Hier schickten die PR-Strategen ihre Meinungsforscher los und sponserten zwei Gastronomen, die eine ziemlich schicke Diskothek eröffnen wollten. Perkins hieß die Zigarette, die sich nicht durchsetzen konnte. Den Park, der nach ihr benannt ist, gibt es noch heute.

Und ewig locken Tanz und Balz!

Der Perkins Park, hat es geschafft, dass der Partynachwuchs den Ort nicht scheut, an dem schon die Eltern feierten. Die Generation davor wäre niemals auf die Idee gekommen, dort hinzugehen, wo schon die Alten waren. „Der Perkins Park ist heute nicht mehr der Schicki-Micki-Nobelclub, als der er gestartet ist“, sagt Steffen Eifert, der seit Anfang der 1990er hier Partys wie „La Boum“ veranstaltet, „aber er ist immer noch die Anlaufstelle schlechthin für alle, die einen Platz für gepflegtes Feiern suchen.“

Und ewig locken Tanz und Balz! An Geschichten für die Stay-at-home-Challenge der Stuttgarter Clubs mangelt es nicht. Wenn sich Stammgäste von einst treffen, laufen die Erinnerungen heiß. Wisst ihr noch, wie Boris Becker nach dem Daviscup-Sieg 1989 hier im kleinen Club mit einem Mädel wild geknutscht hat? Wie Udo Jürgens auf Killesbergs Höhen 1981 der Weltöffentlichkeit sein erstes englischsprachiges Album vorgestellt hat? Wie Claudia Schiffer und David Copperfield 1994 im Park Liebesglück vorspielte? Dass die beiden ein Paar waren, glaubt bis heute keiner. Es war halt ein Trick. Und wie 1994 Boy George „Hey, hey, hey, wo sind die Hände?“, rief . Ach, war das Maßarbeit, als der Türsteher den früheren Nationaltorwart Eike Immel in dessen Auto zum Schlafen legte! Der große Spieler hatte einen Porsche vor der Tür stehen.

Teil des legendären Sommermärchens

Und 2006 feierten die deutschen Nationalspieler den dritten Platz bei der Fußball-WM – es war ein legendäres Sommermärchen. In den früheren Morgenstunden, kurz vor dem Abflug zum Berliner Fanfest, hatten sich die WM-Helden aus der Party im Amici herausschmuggeln lassen, um auf dem Killesberg kein Auge zuzumachen, ehe es in die Hauptstadt ging.

Mit dabei war Richard Arnold, heute OB in Schwäbisch Gmünd

Im Perkins Park hat man alle gesehen – die Geleasten wie die Geföhnten, die Echten wie die Doubles. Ein Gorbi-Doppelgänger ließ sich Anfang der 1990er feiern. Und auch Sängerin Marianne Rosenberg („Er gehört zu mir“) blickte beim „Gay-Day“ im Jahr 1991 auf ein Double – es war Frl. Wommy Wonder mit Perücke.

An diesem Abend hat die Travestie-Lady einen „umwerfend gut aussehenden Mann“ kennen gelernt, wie sie sich erinnert: es war Richard Arnold, der damals im Landwirtschaftsministerium arbeitete und heute OB von Schwäbisch Gmünd ist. „An der Bar stellte er mir seinen Freund vor“, erinnert sich Wommy. Als sich der CDU-Politiker und das ewige Fräulein zum ersten Mal trafen, gab es keine Handys. Man musste Adressen aufschreiben. Über all die Jahre hielten die beiden Kontakt.

Vertrag bis 2035 verlängert

Noch immer am Perkins Park beteiligt ist ein Mann der ersten Stunde: Betreiber Michael Presinger hat den Vertrag mit der Stadt, der Eigentümerin der einstigen Veranstaltungsstätte der Reichsgartenschau, bis ins Jahr 2035 verlängert. Dann ist er 83. Nicht zuletzt ihm verdankt die Menschheit eine wichtige Erkenntnis: Die Welt ist keine Scheibe, die Welt ist eine Discokugel.