Stefan Hartung wird Bosch-Chef Kontinuität, aber kein Stillstand

Stefan Hartung kennt sich mit Waschmaschinen genauso gut wie mit Autos aus. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der 55-jährige Stefan Hartung löst Anfang 2022 Volkmar Denner als Bosch-Chef ab. Der Maschinenbauer muss nun vor allem die Kfz-Sparte für das E-Zeitalter fit machen, meint Inge Nowak.

Stuttgart - Es wird Stefan Hartung. Der Aufsichtsrat von Bosch hat den 55-jährigen Manager auf den Schild gehoben. Hartung tritt zum Jahreswechsel die Nachfolge von Volkmar Denner auf dem Chefsessel des Technologiekonzerns an. Der Maschinenbauer wird der erst achte Chef in der 135-jährigen Bosch-Geschichte.

 

Auf diese personelle Stabilität ist Bosch stolz. Diese Kontinuität gilt nicht nur für die Manager, auch die unternehmerische Strategie ist langfristig ausgerichtet. Allerdings sollte Kontinuität nicht mit Stillstand verwechselt werden. Hartung wird zweifellos neue, eigene Akzente setzen.

Vom Physiker zum Maschinenbauer

Zunächst einmal: Denner und Hartung sind zwei gänzlich unterschiedliche Charaktere. Der Physiker Denner, der über Quantenphysik promoviert wurde, hat das Unternehmen, das vor Jahren noch ein eher behäbiges Image hatte, auf Hightech-Konzern getrimmt. Der wissenschaftlich geprägte Unternehmenslenker steht wie kaum ein anderer Bosch-Chef vor ihm für technologischen Aufbruch. Künstliche Intelligenz, digitale Vernetzung oder das Internet der Dinge gehören nicht nur zu seinen Lieblingsvokabeln – er richtete auch die Produkte darauf aus. Auch technologischer Fortschritt und Klimaschutz gehören für ihn eng zusammen. Denner hat schon früh erkannt, dass sich beides nicht ausschließen darf – und auch nicht ausschließen muss, wenn ein Unternehmen ökonomisch erfolgreich sein will.

Kein Wunder also, dass in der Ära Denner das Forschungszentrum in Renningen und das KI-Zentrum in Tübingen gebaut wurden. Sichtlich stolz hat der Manager vor kurzem die Halbleiterfabrik in Dresden eröffnet. Die Zahlen spiegeln den Erfolg wider. Von 52 Milliarden auf jetzt 71 Milliarden Euro: Unter seinem Chef Denner hat der Bosch-Konzern einen ordentlichen Umsatzsprung geschafft.

Fast 20 Jahre bei Bosch

Und Hartung? Es ist damit zu rechnen, dass er auf Denners Arbeit aufbauen wird. Allerdings dürfte der Maschinenbauer, dessen Spezialgebiet das Qualitätsmanagement ist, bei technologischen Themen erst mal ein weniger forsches Tempo anschlagen. Natürlich ist auch die Welt Hartungs stark von Zukunftsvisionen geprägt; die haben aber eher mit Alltagstechnologie zu tun. Der Manager, der zuvor bei der Unternehmensberatung McKinsey war, weist ein breites Spektrum auf: Fast 20 Jahre ist Hartung bei Bosch, hat dort das Haushaltsgeräte-Geschäft verantwortet, sich später mit Elektrowerkzeugen sowie mit Heiz- und Gebäudetechnik beschäftigt. Seit eineinhalb Jahren ist er das Gesicht der Autosparte.

Und genau in diesem Bereich dürfte auch Hartungs größter Handlungsbedarf bestehen – obwohl Bosch ein außergewöhnlich erfolgreicher Zulieferer ist. Seit Jahrzehnten ist der Konzern der weltweite Branchenprimus. Doch die Entwicklung weg vom Verbrenner hin zum Elektroauto beschleunigt sich, die üppigen Prämien beim Kauf eines batteriebetriebenen Fahrzeugs befeuern den Wandel zusätzlich. E-Autos, vor kurzem noch Ladenhüter sind mittlerweile immer stärker nachgefragt. Hartung muss die Transformation erfolgreich schaffen und zugleich die Bosch-Beschäftigten auf diesem Weg mitnehmen. Denn jedem ist klar: E-Autos kommen in der Produktion mit deutlich weniger Beschäftigten aus.

Autosparte ist 42 Milliarden Euro schwer

Fünf Milliarden Euro Umsatz will der Konzern bereits bis 2025 rund um Elektroautos erzielen – eine beachtliche Steigerung wäre das, würden sich die Erlöse damit verfünffachen. Nur: insgesamt ist die Autosparte 42 Milliarden Euro schwer. Viele der 130 000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen noch an klassischen Autos. Jetzt gilt es die Werke zügig auf die neuen Antriebe umzurüsten. Schon allein das ist eine Herkulesaufgabe, die Denner begonnen hat und sein Nachfolger Hartung erfolgreich fortführen muss.

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