Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)


Wann haben Sie erstmals gedopt?
Im Herbst 2003.

Wie kam es dazu?
2002 war mein erstes Jahr als Profi, damals beim Team Telekom. Ich fuhr sauber und habe schnell gemerkt, dass das hier anders läuft. Ich war chancenlos. 2003 wurde ich dann im Frühjahr mit vielen Rennen verheizt, ich bekam Pfeiffersches Drüsenfieber, mein Körper war kaputt. Vor den deutschen Meisterschaften Ende Juni habe ich beim sportlichen Leiter von Telekom, Walter Godefroot, angerufen. Er sagte, dass ich mich nach einem neuen Stall umsehen solle. Ich war schockiert, ich war 21. Es gab keinen Welpenschutz. Da habe ich verstanden, dass ich um jeden Preis Ergebnisse einfahren muss. Ich hatte mir dann Wachstumshormone gespritzt, ohne Erfolg, weil ich nicht wusste, wann das auch sinnvoll ist.

2004 sind sie dann zu dem kleinen Rennstall Lamonta gewechselt.
Ich fuhr dort für 1000 Euro monatlich und habe beschlossen, richtig Gas zu geben.

Das bedeutet?
Ich habe trainiert wie ein Verrückter, voll für den Radsport gelebt – und ich habe gedopt. Wachstumshormone als Grundlage und Epo außerhalb der Rennen. In Freiburg hatte mir ein Arzt zu meiner Telekom-Zeit erklärt, wie man das macht.

Ein Doping-Crashkurs?
Genau. Für Wachstumshormone muss man zum Beispiel das Gefühl kriegen, wie viel man davon verträgt. Du fühlst dich im Training stark und unkaputtbar, aber im Rennen ist der Muskel oft blockiert. Ich habe gelernt, dass ich Kortison als Weichmacher dazu nehmen muss. Die Hormone für die Kraft, Kortison für den flüssigen Tritt.

Wo haben Sie das alles herbekommen?
Das war kein Problem. Wer es will, bekommt es, so war das. Zum Teil waren es Mannschaftsärzte oder andere Teammitglieder, die die Kontakte hatten.

Viele sind der Dopingdebatte im Radsport überdrüssig. Es ist aber nicht genug, und wenn man es positiv sehen will, hat die Demaskierung der Radprofis dafür gesorgt, dass mehr und mehr andere Sportarten endlich kritisch hinterfragt werden. Die Aufarbeitung ist wichtig, die ganze Wahrheit, so hart es für den Radsport sein mag. Doping ist aber komplex. Es ist nicht nur der Athlet. Dahinter stecken Ärzte, Betreuer, Teamchefs, Sponsoren, Medien. Jedes Geständnis hilft, Hintergründe zu beleuchten und Hintermänner ins Visier zu nehmen – wenn die Athleten sich auch als Kronzeugen zur Verfügung stellen. Schumacher will das. Dabei würde er Namen nennen. Öffentlich will er dies nicht.