Ein big-brother-süchtiger Camorra-Boss muss untertauchen. Seine Leute sehen nur eine Chance, mit ihm in Kontakt zu treten: sie schleusen einen Kumpanen in den Container ein. Im Gegensatz zum TV-Format hat dieser Roman auf jeden Fall eines: Witz.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Der Klappentext führt leider etwas in die Irre: „Ein Mafiaboss, der auf Big Brother steht. Ein Volltrottel, der in die Show soll, um seinen Boss zu warnen. Ein Polizist, der ihnen den Stecker zieht.“ Das liest sich ein bisschen so, als handle es sich bei Stefano Piedimontes „Im Namen des Onkels“ um ziemlichen Klamauk, um Schadenfreude an Pleiten, Pech und Pannen in Prosaform. Doch der Roman des 1980 geborenen Neapolitaners bietet sehr viel mehr.

 

Piedimonte erzählt – gekonnt verschachtelt, aber nicht eitel in der Anlage – die Geschichte eines Camorra-Chefs, der an die Polizei verraten wurde und in letzter Sekunde abhauen kann. Gemeinsam mit seiner Frau taucht er in einem drittklassigen Hotel unter, ohne Handy, ohne Champagner und ohne Kontakt zu seinen Leuten. Sicher ist sicher.

Für jemanden wird das sicher schief gehen

Doch die Getreuen da draußen wollen und können ihren Padrone nicht hängen lassen. Und da sie wissen, dass der Mann geradezu pathologischer Big-Brother-Fan ist, beschließen sie, einen noch nicht vorbestraften jungen Kollegen in den Container zu schleusen, um dem Onkel von dort aus eine Nachricht zukommen zu lassen.

Doch für wen die Sache am Ende in welcher Hinsicht schief geht, sei an dieser Stelle nicht verraten.

Piedimonte zeichnet ein ironisches, aber kein läppisches Bild seiner Figuren. Der Onkel, der Big-Brother-Aspirant, der „Stinker“, der Commissario, der Polizeireporter, der Verkehrsreferent, sie alle führen ihr eigenes, manchmal nur mit wenigen Strichen umrissenes Leben. Und da (hier vertrauen wir dem Klappentext) „aufgrund des großen Erfolges in Italien bereits die Fortsetzung des Romans erschienen ist“, freuen wir uns jetzt schon auf ein Wiedersehen mit den ganzen Guten und den Bösen (natürlich nur mit denen, die den ersten Band überlebt haben).

Eine Fee, mit der nicht zu spaßen ist

Und wer weiß? Vielleicht ist auch diese namenlose Big-Brother-Pressesprecherin wieder dabei, die dem altgedienten Polizeireporter Scateni, diesem „Dinosaurier des gedruckten Wortes“, am Telefon die Haut vom Leibe zieht. Und das mit einer Stimme, „die einem kleinen Mädchen hätte gehören können oder der Fee Klingklang aus Nimmerland“.

Madonna, er kann einem schon arg leid tun, dieser Kollege.

Stefano Piedimonte: „Im Namen des Onkels“. Roman. Aus dem Italienischen von Maja Pflug und Friederike Hausmann. Dumont Buchverlag, Köln 2014. 256 Seiten, 19,99 Euro. Auch als E-Book, 15,99 Euro.