Berlin will die Partyszene stärker kontrollieren, andere liebäugeln mit einer Maskenpflicht auch im Freien. Die wieder steigenden Corona-Zahlen machen zunehmend Sorge. Doch nur die Infektionszahlen zu betrachten, sei kurzsichtig, meint NRW-Ministerpräsident Laschet

Berlin - Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen gibt es eine Debatte um erneute Beschränkungen. Diskutiert wird über eine Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen. Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) brachte zudem strengere Kontrollen für Feiernde ins Spiel. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schlug vor dem Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten in der kommenden Woche eine neue Art der Risikobewertung vor.

 

„Mit Corona leben lernen bedeutet in erster Linie, alle Entwicklungen genau im Blick zu haben. Dabei dürfen wir nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen“, sagte Laschet dem „Handelsblatt“. Er forderte, die Kapazität der Krankenhäuser und die Zahl der intensivmedizinisch behandelten und beatmeten Covid-19-Patienten stärker in die Lagebewertung einfließen zu lassen. Gleiches gelte für den Anteil zurückverfolgbarer Infektionen, die Anzahl der Tests und den Anteil positiver Testergebnisse.

Hier finden Sie die aktuellen Corona-Zahlen

„Wir brauchen für ganz Deutschland ein standardisiertes Corona-Monitoring, das die Pandemieentwicklung kommunenscharf abbildet“, sagte Laschet. Er stellte sich damit hinter den Vorschlag seines Corona-Expertenrats, der sich für ein „Ampel“-System ähnlich wie in Österreich ausspricht.

Merkel bespricht sich am Dienstag mit Ministerpräsidenten

Dort wird die Corona-Lage in den verschiedenen Regionen wöchentlich mit vier Farben von Grün (niedriges Risiko) bis Rot (sehr hohes Risiko) bewertet. Kriterien sind neben den Infektionszahlen auch, ob Erkrankte sich auf Reisen oder vor Ort anstecken, die Auslastung der Krankenhäuser, die Gesamtzahl der Tests und Faktoren wie Tourismus.

Je nach Farbe müssen konkrete Maßnahmen bis hin zur Schließung etwa von Gastronomie und anderen Einrichtungen getroffen werden. Derzeit steht die österreichische Corona-Ampel nirgends auf Rot, zeigt aber in zahlreichen Städten mit orangener Farbe ein hohes Risiko an.

Auch das Land Berlin nutzt seit längerem eine Corona-Ampel - allerdings nur mit drei Kriterien: der Zahl der Neuinfektionen, der Auslastung von Intensivbetten und der Zahl, wie viele andere Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt. Zweimal rot bedeutet Handlungsbedarf.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitag bundesweit 2153 neue Corona-Infektionen. Am Dienstag will Kanzlerin Merkel die steigenden Zahlen und mögliche Konsequenzen mit den Ministerpräsidenten der Länder besprechen. Am Sonntag trifft sie sich bereits mit den CDU-Ministern ihres Kabinetts.

Berlins Regierender Bürgermeister Müller kündigte bereits verschärfte Kontrollen an. „Es gibt natürlich auch illegale Partys und dann muss man mit Polizeieinsatz da natürlich auch gegen vorgehen“, sagte er in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ am Donnerstagabend. „Wir machen das auch schon, aber das muss mit Sicherheit auch verschärft werden.“

Spahn bremst Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen

Die Gaststättengewerkschaft NGG appellierte an Restaurant- und Kneipen-Besucher, sich mit korrekten Kontaktdaten in die ausliegenden Listen einzutragen. Zuletzt waren viele Falscheinträge aufgefallen, so dass bei Infektionsfällen nicht alle möglichen Kontaktpersonen kontaktiert werden können.

In der Debatte um eine bundesweite Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen trat Gesundheitsminister Jens Spahn auf die Bremse. „Aus meiner Sicht macht es Sinn, dass das tatsächlich lokal, regional, nach dem Infektionsgeschehen auch passiert“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Frank-Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Überall dort, wo ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, muss man alles tun, um es zu senken. Dazu gehören auch Masken.“ Bei höchstem Infektionsgeschehen sei eine Maskenpflicht auch auf öffentlichen Plätzen durchaus sinnvoll.