Ludwigsburg gehört zu den teuersten Pflastern der Republik. Die Verwaltung sucht jetzt nach Möglichkeiten, wie mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Offenbar zeigt ein Mietspiegel auch das, was der Betrachter sehen möchte: Als am Dienstag im Ludwigsburger Sozialausschuss über die Fortschreibung des Zahlenwerks debattiert wurde, hätten die Meinungen kaum weiter auseinandergehen können. Die Situation sei vergleichsweise komfortabel, sagte der FDP-Stadtrat Johann Heer. Der Anstieg der Mieten sei moderat, die Mietpreise seien erschwinglich. Konträr wurden die Zahlen in den anderen Teilen des politischen Spektrums interpretiert. „Viele Menschen können sich hier keinen Wohnraum mehr leisten“, sagte Eckart Bohn, und nach der Sitzung legte der Fraktionsvorsitzende der SPD und Vorsitzende des Mieterbunds nach: „Ich weiß nicht, woher Herr Heer seine Weisheiten bezieht.“

 

Ludwigsburg liegt im Ranking der teuersten Städte in Deutschland auf Platz 28

Was stimmt nun? Der Mietspiegel zeigt, in welchem Umfang die Mieten in Ludwigsburg seit 2011 gestiegen sind: durchschnittlich um 1,4 Prozent, das heißt um 0,7 Prozent pro Jahr. Das ist, verglichen mit der allgemeinen Preissteigerung, tatsächlich moderat – aber das Ausgangsniveau war eben recht hoch. Das Hamburger Beratungsunternehmen F+B hat kürzlich Mietpreise in Deutschland analysiert. Ludwigsburg landete im Ranking der teuersten Städte auf Platz 28, also durchaus weit vorne. An der Spitze liegt München, Stuttgart folgt auf Platz drei. „Wir haben einen angespannten Wohnungsmarkt“, sagt Andreas Veit, der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbau-Gesellschaft Ludwigsburg (WBL).

Die durchschnittliche Netto-Kaltmiete in Ludwigsburg stieg zuletzt auf 7,86 Euro pro Quadratmeter. „Bei dieser Höhe tun sich Menschen schwer, Wohnraum zu finden“, sagt Bohn. Und das gelte auch für normale Einkommensbezieher, Handwerker, Pflegekräfte. Es sei ein Fehler gewesen, dass Ludwigsburg bei der Planung des Neubaugebiets Hartenecker Höhe nicht darauf gepocht habe, dass dort mehr bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Letztlich habe die Stadt die Grundstücke „einfach an den Meistbietenden“ verkauft. Jetzt müsse man sehen, wie man gegensteuern könne.

Um diese Frage zu beantworten, treffen sich am Wochenende Vertreter der Verwaltung und des Gemeinderats zu einer Klausurtagung. „Der Stadt ist es wichtig, dass für alle Einwohner ein angemessenes und bezahlbares Angebot an Wohnraum vorhanden ist“, versichert der Oberbürgermeister Werner Spec.

Die Zahl der Einpersonenhaushalte ist stetig gestiegen

Der deutsche Immobilienverband (IVD) empfiehlt zu prüfen, wo Wohnungen gebaut werden können und wo nachverdichtet werden kann. „Die Bevölkerung in der Region Stuttgart wird weiter wachsen“, sagt Stephan Kippes, der Geschäftsführer des IVD-Instituts für Immobilienmarktforschung. Auch sei die Anzahl der Einpersonen-Haushalte stetig gestiegen, in Baden-Württemberg auf einen Wert von mehr als 50 Prozent. „Auch das absorbiert Wohnraum.“ Zudem gönnten sich Menschen heute größere Wohnungen als früher. Nach IVD-Angaben wächst der Pro-Kopf-Wohnflächenkonsum jährlich um fast 0,4 Quadratmeter. Das alles führt dazu, dass Angebot und Nachfrage auch in Ludwigsburg nicht mehr ausbalanciert sind.

Preiswerte Wohnungen sind selten, Sozialwohnungen ebenfalls. Die WBL versucht, mit ihren Mitteln dagegen zu steuern. Die Gesellschaft bietet rund 2000 Wohnungen an, knapp 650 davon sind für Menschen reserviert, die einen Mietzuschuss erhalten. Bei den restlichen Objekten orientiert sich die Miete am Mietspiegel, bleibt aber deutlich unter dem Durchschnittspreisen. Aktuell baut die WBL 100 weitere Wohnungen. „Wir würden gerne noch mehr machen“, sagt Veit. Allerdings waren die staatliche Bauförderung und vor allem die Programme zum sozialen Wohnungsbau lange Zeit nicht attraktiv.

1987 wurde in Ludwigsburg das letzte Gebäude mit Geld aus der Landeswohnraumförderung gebaut. „Die aktuelle Situation ist ein Ausfluss der verfehlten Politik von Bund und Land in den vergangenen Jahrzehnten“, kritisiert Veit. Immerhin habe das Land jetzt ein neues Programm mit einem höheren Volumen und besseren Rahmenbedingungen aufgelegt, so dass die Hoffnung bestehe, dass bald auch wieder Sozialwohnungen errichtet werden. „Aber unter dem Strich wird hierfür immer noch viel zu wenig Geld in die Hand genommen.“