Die Steillagen am Neckar sind in Gefahr. In vielen Orten versuchen Freiwillige, sie zu retten. In Benningen bewirtschaften Hobby-Wengerter mehr als ein Drittel der Flächen.

Ludwigsburg: Sandra Lesacher (sl)

Bei einem Gläschen Wein guckt es sich leicht die Steillagen hinauf. Wie an den Hang geklebt reihen sich die Reben, nur unterbrochen von den schmalen Wengertstaffeln. Da kriegt man schon beim schauen Schweißperlen auf der Stirn. Wie mühevoll die Arbeit in den Steillagen ist, davon können die „Wengerter auf Probe“ (WaP) in Benningen ein Lied singen.

 

Aber: Diese muntere Truppe singt auch ein Loblied auf das, was sie da tut. Hier arbeitet keiner, weil er es muss. Die Hobby-Wengerter sind freiwillig da – und bewirtschaften inzwischen schon mehr als ein Drittel der Benninger Steillagen. Viele Stückle gäbe es in dieser Form vermutlich ohne sie gar nicht mehr. Ihre eigentlichen Besitzer haben aufgehört, weil sie die mühevolle Arbeit nicht mehr geschafft haben.

Hobby-Wengerter retten Steillagen: Weinbau für Einsteiger

Die Wengerter auf Probe sind eingesprungen und haben die Steillagen-Weinberge übernommen. Um die 40 Leute sind das inzwischen, viele von ihnen gar nicht mehr so sehr „auf Probe“, sondern fast schon alte Hasen. 2020 riefen Martin Heim und Werner Widmaier das Projekt ins Leben. Sie begleiten Menschen, die das mit dem Weinbau mal ausprobieren möchten – mit Rat und Tat, in Theorie und Praxis.

Es ist, sagt Martin Heim, die einzige Möglichkeit, zumindest einen kleinen Teil der Steillagen zu retten. „Der gewerbliche Weinbau in den Steillagen ergibt keinen Sinn.“ Die Bevölkerung sei nicht bereit, den entsprechenden Preis für eine Flasche Wein zu bezahlen. „Die Bewirtschaftung geht nur über Hobby-Wengerter.“

Und auch die können die Steillagen nicht in Gänze retten. „Wir können nicht alles auffangen“, sagt Martin Heim. Inzwischen versucht die Gruppe, zumindest ein zusammenhängendes Kerngebiet in den Benninger Hängen zu erhalten. Der Rest wird immer weiter verbuschen, Brombeeren übernehmen die Macht. „Das will niemand. Aber es ist nicht aufzuhalten.“

Die Benninger waren zwar nicht die Ersten, die auf die Idee kamen, die Steillagen-Welt mit Hobby-Wengertern ein bisschen besser zu machen. Aber sie sind in der Region zumindest einer der Vorreiter. Immer wieder stellt Martin Heim das Konzept in anderen Kommunen vor. Inzwischen sind unter anderem Ludwigsburg mit ihrer „Heldenschmiede“ und neuerdings auch Mundelsheim in die hobbymäßige Steillagenrettung eingestiegen.

Und weil zur Arbeit auch das Vergnügen zählt, wird bei den Hobby-Wengertern auch gefeiert. „Benningen geht steil“ heißt die jährliche Sause, bei der die Wengerter auf Probe sich selbst, ihre Arbeit und natürlich ihren Wein vorstellen.

Genuss und Gemeinschaft beim Feiern in den Steillagen

Und das Fest ging dann am vergangenen Sonntag wieder ganz gemütlich und familiär über die Bühne. Gefeiert wurde oben und unten an den Benninger Steillagen, es gab Gegrilltes und Selbstgebackenes, Sitzplätze auf sonnigen Trockenmauern oder unter schattenspendenden Apfelbäumen, mit Aussicht von oben auf die ganze Umgebung oder von unten auf die mächtigen Steillagen.

Bei einem Glas Wein lässt es sich gemütlich in die Steillagen blicken. Foto: Sandra Lesacher

Die Hobby-Wengerter haben dabei nicht nur fleißig ihren eigenen Wein unters Festles-Volk gebracht – darunter zum Beispiel ein WaP-Trollinger mit feinem Kirsch-Aroma –, sondern auch Werbung in eigener Sache gemacht. Drei neue Wengerter auf Probe hat die Veranstaltung eingebracht. Weiterer Nachwuchs wird immer gesucht, wer Interesse hat, kann sich im Benninger Rathaus unter 0 71 44 / 9 06 50 melden.