Auf seine Weise gehört der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier jetzt auch zur „Free Kirill“-Initiative. Bei Putin hat er sich für den unter Arrest stehenden Opernregisseur Kirill Sebrennikow eingesetzt.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Moskau - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich bei seinem Moskaubesuch sowohl öffentlich als auch im vertraulichen Gespräch mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin für den unter Hausarrest stehenden Opernregisseur Kiril Serebrennikow eingesetzt. Der regimekritische russische Künstler ist an der Stuttgarter Oper engagiert für eine Inszenierung der Humperndinck-Oper „Hänsel und Gretel“ und konnte diese Arbeit wegen des Hausarrests nicht vollenden. Ihm wird vorgeworfen, als Leiter des Gogol-Zentrums in Moskau, öffentliche Gelder veruntreut zu haben. Seit dem 23. August ist Kirill Serebrennikow unter Hausarrest gestellt. Weil auch ein «Kommunikationsverbot» gegen ihn verhängt wurde, konnte er seine Stuttgarter Inszenierung nicht fertigstellen.

 

Repressionen gegen Künstler, Oppositionelle und Angehörige von Nichtregierungsorganisationen wertete Steinmeier als einen Beleg für die Unberechenbarkeit russischen Handelns, die in Europa stark kritisiert werden. Ihm bereite der schrumpfende Spielraum für die künstlerische Freiheit in Russland Sorge. „Die Auswirkungen bekommt – neben vielen anderen – der in Deutschland bekannte und geschätzte Regisseur Kirill Serebrennikov gerade zu spüren“, sagte der Bundespräsident in einem Interview mit der Zeitung „Kommersant“.

Kretschmann bezeichnet Hausarrest als skandalös

Auch im Gespräch mit der Organisation Memorial, die sich der Aufarbeitung des Stalin-Terrors verschrieben hat, erkundigte sich Steinmeier nach den Bedinungen für künstlerisches und zivilgesellschaftliches Engagement und sprach den Fall Serebrennikov direkt an. „Sie kommen in schwieriger Zeit“, sagte die Memorial-Direktorin Elena Scherbakowa in Bezug auf das jüngste Gesetz, das Angehörige von Nichtregierungsorganisationen als Spione und Agenten behandelt. „Das Gesetz bedeutet leider eine unheimliche Erschwerung unserer Arbeit. Seit es wirksam wurde, ist unsere Arbeit zur Aufarbeitung des Stalin-Terrors nicht mehr gerne gesehen.“ Auch Mitglieder ihrer Organisation spürten den Druck und seien Hetzkampagnen ausgesetzt.

Mit den Umständen im Fall Serebrennikow hätten sie sich nicht im Detail befasst, erklärte Oleg Orlov auf eine entsprechende Frage Steinmeiers. „Er tut einem leid, weil es wahrscheinlich alles nicht stimmt“, fügte er hinzu. Schlimm sei, dass durch solche Maßnahmen nicht nur Zensur ausgeübt und die Kunstfreiheit eingeschränkt werde, sondern dass es auch zu einer zunehmenden Isolation der Betroffenen komme. „Westliche Institutionen werden unter diesen Bedingungen kaum mehr in Projekte mit russischen Künstlern investieren. Es ist einfach zu riskant, dass sie ihre Investition abschreiben müssen.“

Steinmeier ließ sich die Erfahrungen der Organisation genau schildern. Im Vier-Augen-Gespräch mit Putin hat er den Fall angesprochen, wie aus Delegationskreisen verlautetet. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat vor kurzem seine Sorge ausgedrückt und die Verlängerung des Hausarrests als skandalös bezeichnet.