Die Stuttgarter Steinmetze David Verstege und Wolfgang Machmer beziehen beide ihre Grabsteine aus hiesigen Steinbrüchen, obwohl diese teurer sind als die aus China und Indien. So sind sie aber unabhängig von Zertifikaten privater Organisationen wie Xertifix. Beide Steinmetze halten nämlich nicht viel von Siegeln und stehen hinter der Ansicht des Gerichts, dass Zertifikate privater Organisationen nicht vertrauenswürdig sind: „Zertifikate garantieren nichts. Als selbstständiger Steinmetz kann ich nicht überprüfen, woher der Stein wirklich stammt“, sagt Machmer. Auch Verstege ist skeptisch: „Wer kontrolliert die Kontrolleure? Ich muss wissen, woher der Stein kommt und darf als Steinmetz nicht auf die Zertifizierung privater Vereine angewiesen sein.“ Beide Steinmetze, die jährlich mehrere Grabsteine verkaufen, bestätigten, dass sie von ihren Kunden immer häufiger nach der Herkunft ihrer Steine gefragt werden. Verstege gibt zur Kontrolle, dass der Stein wirklich aus deutschen oder österreichischen Steinbrüchen stammt, seinen Kunden einen Musterstein mit: „Anhand dessen kann man die Herkunft des Steins exakt feststellen“, so David Verstege.

 

Für Steinmetze, die günstigere Steine aus Indien oder China beziehen und Kinderarbeit vermeiden wollten, müsse es eine staatliche Stelle geben, die die Steine zertifiziere, so Verstege. Davon ist auch der Geschäftsführer des Deutschen Naturwerksteinverbands, Reiner Krug, überzeugt. In der Zeitschrift Öko-Test forderte er ein „Zertifikat mit Wirkung“, nicht von einer privaten Organisation, sondern vom Gesetzgeber entwickelt. Ein ähnlicher Versuch wurde von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) für die Textilindustrie unternommen – bisher ohne Erfolg, weil die Wertschöpfungskette zu komplex und kaum nachzuverfolgen ist.

Gemeinderat beschäftigt das Thema weiter

Wenn Käufer auf Grabsteine aus Kinderarbeit verzichten und ganz auf Nummer sicher gehen wollen, bleibt vorerst nur die Musterstein-Überprüfung. Benjamin Pütter hofft jedoch, dass die Stadt Stuttgart gegen die Nicht-Zulassung der Revision, die der VGH festgelegt hat, Einspruch erhebt. Auf Anfrage bei der Stadt konnte man noch keine konkreten Angaben zum weiteren Vorgehen gegen das Gerichtsurteil geben. Fabian Schlabach, Sprecher der Stadt Stuttgart, sagte, dass man die Friedhofssatzung unter Umständen noch einmal modifizieren werde, um „noch einen anderen Dreh“ zu finden, damit die Vorschrift des Verbots von Grabsteinen aus Kinderarbeit rechtsgültig bleibt.