In der Belegschaft von Bosch Power Tools in Leinfelden grassiert die Angst: Von 1770 Arbeitsplätzen stehen 350 zur Disposition. Die Gewerkschafter bringen sich in Stellung.

Leinfelden - Mögliche Entlassungen bei Bosch Power Tools in Leinfelden belasten zur Zeit das Betriebsklima. Wie Ende der vergangenen Woche durch die Industriegewerkschaft Metall (IGM) bekannt wurde, schwebt das Damoklesschwert des Arbeitsplatzverlusts über 350 Mitarbeitern. In dieser kritischen Phase schweigen die Betroffenen. Gesprächig zeigen sich die Gewerkschafter. „Am Standort Leinfelden arbeiten 1770 Mitarbeiter, 440 davon in der Produktion und weitere 70 erbringen dafür die Dienstleistungen. Von diesen insgesamt 510 Mitarbeitern sollen 350 entlassen werden“, sagt Gerhard Wick, erster Bevollmächtigter der IGM. Die übrigen 1260 Mitarbeiter seien in den Bereichen Vertrieb, Einkauf, Marketing und Entwicklung tätig.

 

Für den Gewerkschafter Ahmet Altun steht fest: „Das ist der erste Schritt zur Schließung der Fertigung.“ Früher habe man alle Teile der Maschinen im Werk gebaut, jetzt kämen immer mehr von Zulieferern aus China. „Wir haben Angst, dass die gesamte Fertigung dorthin geht.“

Von den 350 Mitarbeitern sollen 60 neue Jobs bei Bosch bekommen

Ahmet Altuns Befürchtung scheint nicht unbegründet. „Die Geschäftsleitung hat auf einer Betriebsversammlung gesagt, dass Bosch zehn Millionen Euro im Jahr spart, wenn die Produktion weltweit vergeben wird, bei einer regionalen Vergabe seien es drei bis fünf Millionen Euro“, sagt Altuns Kollege Matthias Mak. „Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie sind von der Gewerkschaft noch nicht überprüft“, ergänzt Wick.

Die 350 Arbeitsplätze, sagt Gerhard Wick, sollten nach Angaben der Firmenleitung „sozial verträglich“ abgebaut werden: „Das soll möglicherweise über Altersteilzeit oder Bosch-Vorruhestandsregelungen geschehen. Es gibt auch Leute, die gegen Abfindung gekündigt werden. Es heißt, man werde sie bei der Job-Suche unterstützen, aber das nimmt niemand ernst“, sagt Matthias Mak. Gerhard Wick ergänzt: „60 Mitarbeiter sollten im Betrieb andere Jobs bekommen, zum Beispiel nach einer internen Ausbildung im Werkschutz. Wir haben aber Zweifel, ob diese Zahl realistisch ist.“

Die Geschäftsführung ist mit dem Standort Leinfelden unzufrieden

Möglicherweise, argwöhnen die Gewerkschafter, seien die Entlassungen nur ein Druckmittel. „Vielleicht will man so von uns Zugeständnisse, die wir anderenfalls niemals machen würden. Das ist eine alte Strategie, die es schon gab, als ich 2004 im Betrieb angefangen habe“, sagt Matthias Mak. „Erst wurde die Vesperpause gekürzt, dann die Erfolgsprämie fünf Jahre lang ausgesetzt“, sagt Ahmet Altun. „Es ging deshalb das Gerücht um, dass der Schriftzug ,Bosch’ auf dem Parkhaus über der Autobahn bei der Messe durch unseren Verzicht finanziert worden sei“, sagt Matthias Mak. Erbost deutet Ahmet Altun auf den Rohbau des neuen Gebäudes für die Entwicklung direkt an der Max-Lang-Straße: „Dafür haben sie Geld, für die Fertigung nicht.“ Dies ärgert seinen Kollegen Hagen Keinath: „Ich bin aus der Entwicklung und froh, dass dafür investiert wird.“ Diese Differenzen, sagt Mak, „zeigen, wie die Firmenleitung die Belegschaften der Werke gegeneinander ausspielt.“

Auf all dies reagiert die Geschäftsführung gelassen: „Wir haben gerade begonnen, mit den Arbeitnehmervertretern zu verhandeln. Es gibt keinen Beschluss. Wir sind mit Auslastung und Kostenentwicklung am Standort Leinfelden nicht zufrieden“, sagt Martin Steinlehner, Leiter der Unternehmenskommunikation Bosch Power Tools. Darüber habe man die Belegschaft informiert. In den kommenden Wochen und Monaten wolle man mit den Arbeitnehmervertretern eine Lösung erarbeiten: „Deshalb haben wir die bestehende Standortvereinbarung verlängert.“ Dies bedeute, dass der Standort vorerst erhalten bleibe, um Ruhe für die Gespräche zu haben. „Die Zahl von 350 Mitarbeitern kann ich nicht bestätigen. Das ist Spekulation“, sagt Steinlehner.